Gefangen im Gewissen: Evidenz und Polyphonie der Gewissensentscheidung auf dem deutschsprachigen Theater der Frühen Neuzeit
Schulderkenntnis und Isolation, Gewissenserforschung und Geständnis sind für das Theater der Frühen Neuzeit von fundamentaler Bedeutung. Unter Rückgriff auf stoische Praktiken der Selbstsorge und christliche Beichtanweisungen, Naturrechtslehren sowie Körperbilder der Zeit treten exemplarische Figure...
Gespeichert in:
1. Verfasser: | |
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Format: | Abschlussarbeit Buch |
Sprache: | German |
Veröffentlicht: |
Paderborn [u.a.]
Fink
2013
|
Schriftenreihe: | Ethik - Text - Kultur
8 |
Schlagworte: | |
Online-Zugang: | Inhaltstext Inhaltsverzeichnis |
Zusammenfassung: | Schulderkenntnis und Isolation, Gewissenserforschung und Geständnis sind für das Theater der Frühen Neuzeit von fundamentaler Bedeutung. Unter Rückgriff auf stoische Praktiken der Selbstsorge und christliche Beichtanweisungen, Naturrechtslehren sowie Körperbilder der Zeit treten exemplarische Figuren gegen äußere Gewalt und Folter an und verhandeln dabei ihre Identität. Die vorliegende Studie fokussiert den unerschütterlichen Einspruch der inneren Gewissensstimme, welche dem Gefängnis und obrigkeitlichen Verhörtechniken als äußeren Zwangssystemen opponiert. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Untersuchung der rhetorischen und visuellen Verfahren, die Gewissensentscheidung auf der Bühne einer Evidenz zuzuführen. Vom Reformationsdrama bis zu Friedrich Schiller bedarf das Gewissen objektiver Kriterien, sei es als Imitatio Christi oder als aufgeklärte Urteilslegitimation, die seine Autorität gesellschaftlich begründen. |
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Inhalt
VORWORT . 9
I.
EINLEITUNG. 11
1. Unsichtbares Sehen. 11
2. Modelle der Visualisierung von Gewissensoperationen. 15
a) Heilsgeschichte und Gewissen.
Imitano
Christi. 15
b)
Theatrale
Exerzitien:
examen conscientiae
-
contritio
und confessio. 16
c) Physische Moral. Körperrhetorik. 18
d) Verinnerlichte Autorität. 21
3. Die
Polyphonie des
Gewissens. 23
a) Auditionen und Visionen. 24
b) Diskurssynkretismus: Furien, Geister und Dämonen. 26
c) Imaginierte Scham. 27
4. Das politische Gewissen - das entpolitisierte Gewissen. 29
5. Zur Begründung der Textauswahl. 31
II.
JOHANN
AGRICOLA, TRAGEDIA JOHANNIS
HUSS
(1537). 33
1. Paradigmatisch: Die Diabolisierung der verhörenden Autorität. 36
2. „mit grossem schmertzen" - Gewissensangst und Gebärden. 48
3.
Imitano
Christi als
theatrale
Evidenz. 53
4. Politischer Widerstand nach der Zwei-Reiche-Lehre. 58
a) Homiletik als Gewissensleitung? Kanzel und Königtum. 58
b)
duplex persona
und Theatermaske. Die Entpolitisierung
des Widerstands. 60
5.
Hus
und Luther. Gewissenswahrheit und Geschichte im
Epilog des Anti-Dramas. 64
III.
HANS SACHS,
HERODES
(1552). 71
1. Schuld und Schrift. 72
2. confessio im Familiengericht. 79
3. Das Gewissen im Urin. Tyrannenkörper, Ekel und Moraldidaxe . . 82
IV.
ANDREAS GRYPHIUS, CAROLUS STUARDUS (1650/1663). 87
1. Kirchenautorität im Geistergewand.
Verzeihung als Inversion des Gespensterschemas. 91
2. Carolus poenitens. 98
a) Beichte zu dritt. 98
b)
sermo
interior
und große Politik. 101
c) Passionsandacht und Schulddelegation im Gewissen. 105
d) Öffentliche Beichte und Glaubensverhör. 109
e) Gelenkte Blicke - geöffnete Gewissen: Vom inneren Sehen. 113
3. Modelle der Gewissensbildung. 118
a) Lektüre und Seelenhygiene. 118
b) Analphabetismus und Gewissenlosigkeit. 120
4. Das verletzte Gewissen multimedial - Polehs Weg in den
Selbstmord. 128
5. Vom Widerstandsrecht der Gewissenlosen . 134
V.
ANDREAS GRYPHIUS, PAP1NIAN (1659). 141
1. Identität und Gewissen. Papinian. 142
a) Gewissensartikulation und Medienkritik. 142
b) Negierte Gewissenspolyphonie. Fragliche Identität von
ins
gentium
und götdichem Recht. 147
c) BürgerlicherWiderstand? Papinian als Familienoberhaupt . 156
2. Gescheiterte Evidenz. Laetus. 165
a) Rhetorischer Triumph über den Gewissensrichter. 165
b) Vivisektion des Gewissens. Inneres Sehen vor den
äußeren Augen. 168
3. Gerechtigkeit auf Erden.
Themis
und Bassian. 173
a) Verinnerlichte
Themis
— polyphone Gewissensexekutive. 173
b) Konkurrenz der Gesetzgeber?
Papinians Hinrichtung als wiederholter Brudermord. 177
VI.
DANIEL
CASPER
VON LOHENSTEIN,
AGRIPPINA
( 1665). 183
1. Geschichte ohne Gewissen? Der
Tacítismus
. 184
2.
lex
natura
und Gewissen.
Suárez-
und Grotius-Rezeption. 188
3. Die zwei Gewissen der
Agrippina: confessio
und Schrift. 196
a) Agrippinas confessio. 196
b) Verfälschte Verschriftlichung.
Sénecas
Propaganda. 202
4. Gewissen und Gespenster. 205
a) Der Geisterauftritt des Britanniens. 205
b) Agrippinas Geisterauftritt. 209
5. Ehre und Gewissen. Die Bestattung der Selbstmörderin. 212
6. Magie, Ritual und Gewissen. 217
7. Gewissensdrama - Der
Reyen
der 5. Abhandlung. 224
VII.
DANIEL
CASPER
VON LOHENSTEIN, EPICHARIS (1665) . 229
1, Die Gewissensberufung zwischen Tugend und prudentia. 232
a) Rhetorik und Gewissen im Verhör. 234
b)
signa conscientiae
. 242
c) Epicharis'
singulare
Stellung. 245
2,
ambitiösa mors.
Selbstmord und Geständnisvermutung bei
Seneca
257
3. Der Körper unter der Folter - Die Lust am guten Gewissen. 267
4. Widerstandstheorien. Die Gesetzesbindung des Gewissens. 280
VIII. JOHANN CHRISTIAN HALLMANN, MARIAMNE (1669) . 289
1. Der weiße Frauenkörper des reinen Gewissens. 291
2. Gesungene Beichte. Ritornell und Buße. 297
3.
Herodes
und Habsburg.
Geschichte und Gewissen in den
scena muta-
Vorstellungen. 300
IX.
AUGUST ADOLF VON HAUGWITZ,
MARIA
STUARDA
(1683). 305
1. Die verweigerte Beichte und das reine Gewissen -
Die „schuldige" Unschuld. 306
2.
sermo
interior
als Gespensterstimme. 312
3. Geschlecht und Gewissen. Die öffentliche Beschämung. 315
X.
GOTTHOLD EPHRAIM LESSING, PHILOTAS (1759). 321
1. Gewissensgenese - Der Weg in die Gefangenschaft?. 323
2. „Soll ich mich nicht strenger richten, als sie und mein Vater mich
richten?" Vaterschaft und Gewissen . 327
3. Der „innere Richter, mein unparteiisches Selbst". 330
4. Das Gewissen als Zitat. Der Entscheidungsmonolog. 335
5. Vor Scham sterben. 342
6. Sexualität und Gewissen: Männliche Selbstwahrnehmung
und Sexualkontrolle. 347
7. Sterben für das Vaterland, Sterben durch das Gewissen?
Politisierung der Innerlichkeit . 350
XI.
FRIEDRICH SCHILLER, MARIA STUART (1800). 353
1. Das vorklassische Gewissen: Die Räuber, Kant und Fichte. 353
a) Das Gewissen und das Unbewusste - Der junge Schiller und
Die Räuber. 353
b) Kants Gewissensverständnis. 358
c) Fichtes Gewissen. 361
2. Maria und Elisabeth, die Gewissen der Gefangenen. 364
a) Die Überwachung der Büßerin - Der Staat als Gewissen. 364
b) Gewissen und Genealogie: Die eitern- und kinderlose
Bastardkönigin. 371
3. Offene Augen, verschlossene Ohren: Schillers Choreographie
der Sinne. 376
4. Selbsterforschung: Die Konkurrenz \
On forum externum
und
forum internum
. 384
a) Elisabeths Entscheidungsfindung - Eine Gewissenserforschung? 384
EXKURS: Schillers Bearbeitung von Shakespeares Macbeth (1800). 389
b) Marias Beichte. 399
c) Teichoskopie als Selbsterforschung? Leicesters Auditionen und
Visionen. 407
5. Gewissensbindung und Gesetz. Die fragliche politische Dimension
des Gewissens. 409
XII. EINBLICKE UND AUSBLICKE. 415
1. Gefangen im Gewissen - Orte der Schuld. 415
2. Das Gewissen vor Augen stellen - Die Pluralisierung der
Evidenzverfahren. 418
3. Gerichtsverlust. 423
XIII. BIBLIOGRAPHIE. 427
1. Quellen. 427
2. Forschungsliteratur. 432
XIV PERSONENVERZEICHNIS. 461 |
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