Hans Kudlich: (1823 - 1917) ; cesta života a mýtu
Gespeichert in:
Hauptverfasser: | , |
---|---|
Format: | Buch |
Sprache: | Czech |
Veröffentlicht: |
Ostrava
Filozofická Fak. Ostravské Univerzity
2012
|
Ausgabe: | Vyd. 1. |
Schlagworte: | |
Online-Zugang: | Rezension Inhaltsverzeichnis Abstract |
Beschreibung: | Zsfassung in dt. Sprache u.d.T.: Hans Kudlich (1823 - 1917): der Weg des Lebens und Mythos |
Beschreibung: | 376 S. Ill., Kt. |
ISBN: | 9788074641596 |
Internformat
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9
Úvodem
21
Dětství a doba gymnaziálních studií
31
Na vídeňské univerzitě
43
Ve víru revoluce
57
Zrušení poddanství
81
Osvoboditel rolníků?
91
Říjnové povstání
97
Kroměřížská rezignace a útěk z vlasti
105
Dozvuky revoluce a švýcarský exil
121
Návrat revolucionáře
(1872-1873)
153
Pozorovatel a komentátor politického dění v monarchii
(1873-1887)
161
Oslavovaný „Osvoboditel rolníku
(1888)
191
Roztrpčený stařec
(1889-1917)
217
Meze Kudlichovy veřejné činnosti v Předlitavsku
225
Život po životě
1:
1918-1945
249
Život po životě
II:
Po roce
1945
aneb místo závěru
257
Příloha
I:
Pomníky Hanse Kudlicha na území České republiky, Rakouské republiky,
Spolkové republiky Německo a Spojených států amerických
313
Příloha
II:
Grafologický rozbor rukopisů Hanse Kudlicha
323
Jmenný rejstřík
329
Místní rejstřík
335
Seznam použitých pramenů a literatury
351 Resümee
RESÜMEE 351
Hans Kudlich
(1823-1917)
Der Weg des Lebens und Mythos
In die Galerie des kulturellen Gedächtnisses der deutschen Bevölkerung der böh¬
mischen Länder gehören untrennbar auch die Denkmäler Hans Kudlichs, also
des sog. Bauernbefreiers. Es handelte sich nämlich nicht nur um ein oder zwei
Denkmäler dieser Persönlichkeit in seiner Heimatregion, sondern um einen Kom¬
plex der in der kulturellen Landschaft der böhmischen Länder verbreiteten Monu¬
mente. Nach dem bisherigen Forschungsstand befanden sich auf dem Gebiet der
böhmischen Länder vor dem Ausbruch des
II.
Weltkrieges 54 Denkmäler, die an
die Persönlichkeit Hans Kudlichs erinnerten (Indizien zu weiteren zwei Denkmä¬
lern halten wir für eine „falsche Erinnerung ). Thematisch handelte es sich um
Obelisken, Büsten, Gedenktafeln, Gedenksteine, Pflüge auf einem Sockel und
auch Aussichtstürme. Die meisten von ihnen standen auf dem deutschsprachigen
Gebiet von Böhmen (36, vor allem in Nord- und Westböhmen, also im Kern von
Deutschböhmen), viel weniger Denkmäler gab es in Mähren (9) und in Österrei-
chisch-Schlesien (9). Die Kommemoration Kudlichs können wir in zwei Perioden
einteilen: 1) Monarchie, als zwischen den Jahren 1888-1918 16 Monumente ent¬
hüllt wurden, und 2) die
I.
Tschechoslowakische Republik in. welcher 38 Denkmä¬
ler errichtet wurden (bei 4 von denen kennen wir das Enthüllungsdatum nicht).
Im Hintergrund dieser zahlreichen Enthüllungen in der Zeit der
I.
Republik steht
im wesentlichen Maße § 26 des Gesetzes zum Schutz der Republik aus dem Jahre
1923, das die Beseitigung der Denkmäler von den öffentlichen Anlagen angeordnet
hatte, „falls sie einen gegenstaatlichen Charakter tragen oder falls sie für ein Mit¬
glied der Familien errichtet wurden, die in Österreich, Ungarn, Österreich-Ungarn
oder im Deutschen Reich herrschten, oder für ein Mitglied der Dynastien, die 1914
auf dem Boden des Deutschen Reiches herrschten 1. Die Herausgabe des Gesetzes
stellte die Grenzen des Pantheons der deutschen historischen Persönlichkeiten fest,
die im öffentlichen Raum kommemoriert werden konnten, und Hans Kudlich, in¬
terpretiert in den Grenzen des politischen Mythos des Bauernbefreiers, die gegebe¬
nen Parameter erfüllte. In 25 Fällen wurde zur Errichtung von Kudlichs Denkmal
1 http://cs.wikisource.org/wiki/Z%C3%Alkon_na_ochranu_repubIiky#.C2.A7_26_Neodstran.
C4.9Bn.C3.AD_nebo_z.C5.99.C3.ADzen.C3.AD_nedovolen.C3.BDch_pomn.C3.ADk.C5.AF
(3.1.2012).
352
HANS KUDLICH
(1823-1917)
ein leer gewordener oder beabsichtigter Sockel genutzt2, von welchem in 20 Fällen
die Statue von Josef
II.
und in 5 Fällen die Statue von Franz Josef
I.
beseitigt wurde.
Wer war Hans Kudlich, an den einige Denkmäler, eine Reihe von Festbroschüren,
ein Roman und ein Theaterspiel erinnerten? Warum wurde er nur von der deutsch¬
sprachigen Bevölkerung (zumindest von einem Teil) der böhmischen Länder gefei¬
ert und warum nach ihrer Vertreibung nach dem
II.
Weltkrieg fast niemand mehr
etwas über diese Person weiß? Warum wurde der Kultus des Bauernbefreiers gebo¬
ren, welche politischen Kräfte hatten Interesse an seiner Verbreitung und welches
Ziel verfolgten sie damit? „Verdient Kudlich diese Bezeichnung? Auf diese und
weitere Fragen versuchte dieses Buch zu antworten.
Hans Kudlich wurde im Jahre 1823 im Dorf Lobenstein
/Úvalno
in der Nähe
von Jägerndorf
/Krnov
als Kind einer Bauernfamilie geboren. Nach dem Besuch
des Troppauer Gymnasiums führte sein Weg im Jahre 1839 nach Wien, wo er nach
dem obligatorischen Absolvieren von vier Semestern der Philosophie Jura studierte.
Während seiner Wiener Studienjahre beeinflusste ihn die jungdeutsche Bewegung
sehr stark. Schon seine Jugendkorrespondenz kennzeichnet sich durch starke an¬
tislawische, vor allem antitschechische Ansichten. Am 13. März 1848 nahm er an
der Versammlung vor dem niederösterreichischen Landesabgeordnetenhaus in
der Herrengasse teil, d.h. an der Stelle des Ausbruchs der Revolutionsstimmung in
Wien. Im Juni 1848 wurde er im Wahlkreis Bennisch/
Horní Benešov
zum Abge¬
ordneten des österreichischen Reichstages gewählt. Am 25. Juli reichte er bei dem
Reichstagvorsitz seinen schriftlichen Antrag ein (datiert auf den 24.7.): „Von nun
an ist das Unterthänigkeitsverhältnis samt allen daraus entsprungenen Rechten
und Pflichten aufgehoben; vorbehaltlich der Bestimmungen, ob und wie eine Ent¬
schädigung zu leisten sei. 3 Am 8. August konkretisierte er seinen ursprünglichen
Antrag, wahrscheinlich aus dem Grunde der Oberflächlichkeit, die ihm vorgewor¬
fen wurde: Aufheben sollte man sowohl die sich aus dem Untertanenband ergeben¬
den Einschränkungen, die sich auf die persönliche Freiheit bezogen, die Fronarbeit
und das Zehnt, als auch die Leistung von allen Pflichten, die die Freiheit des Bau¬
erngrundbesitzes einschränkten und nicht aus den privatrechtlichen Beziehungen
stammten, sondern sich aus der Grundherrlichkeit, Bergherrlichkeit, Vogteiherr-
lichkeit, Schutzobrigkeit, Dorfobrigkeit, sowie dem Lehensverband ergaben. Er
schlug die Bildung einer Kommission vor, die aus Vertretern von allen Provinzen
zusammengestellt wäre (drei aus jedem Land), die dann einen Gesetzentwurf vor-
Einige der Denkmäler wurden noch für die der Statuen der Habsburger eingeplant, aber nach dem
Erscheinen des Gesetzes aus dem Jahre 1923 wurde Kudlichs Denkmal direkt auf die noch leer
stehenden Sockel platziert.
Verhandlungen des österreichischen Reichstages nach der stenographischen Aufnahme,
I.
Band,
S. 159 (erhältlich auf http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?aid=krt&datum=0001&size=45&
page=263), (3.1.2012).
RESÜMEE 353
bereiten würde, das sich mit einer eventuellen Entschädigung beschäftigen würde.
Sie würde sich auch mit der Einführung eines neuen Gerichtssystems statt der pa-
trimonialen Gerichte befassen. Das alte Gerichtssystem und die alte politische Ver¬
waltung sollten so lange gültig sein, bis das neue System eingeführt werden würde.
Ungelöste oder nicht gelöste mit dem rückständigen
Agrarsektor
verbundene
Probleme, der auf der Konzeption des sog. geteilten Bodenbesitztums gegründet
war (Oberbesitzer - Nutzbesitzer), mit anderen Worten gegründet auf dem Prin¬
zip der Untertänigkeit, diese Probleme gehörten zu den grundsätzlichen sozialen
Problemen von Vormärzösterreich. Es ist also kein Wunder,
dass Kudlich
dank
seines Entwurfs von Tag zu Tag eine bekanntere Person wurde. Sein Entwurf kam
jedoch nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Auf den Sitzungen der Landtage
wurde die Untertanenfrage schon in der Vormärzzeit diskutiert. Die tschechischen
Politiker verlangten ursprünglich im Jahre 1848,
dass
die Untertanenfrage auf
dem Boden des Landtages gelöst werden sollte. In Wien mussten sie sich mit der
gerade entstandenen Situation abfinden, aber auf der anderen Seite wollten sie ein
Verfahren wählen, das die meisten Kompetenzen für die Landeslegislative rettet.
Am 8. August begann ein dreiwöchiger Verhandlungsmarathon über die Unter¬
tanenfrage. In dieser Zeit wurden zahlreiche Entwürfe eingereicht. Die Entschei¬
dung wurde am 31. August getroffen, als der Konkurrenzentwurf von dem Salz¬
burger Konservativabgeordneten Dr. Josef Ritter von Lasser angenommen wurde.
Lasser übernahm in vielen Punkten den ursprünglichen Entwurf Kudlichs, aber er
äußerte sich eindeutig für den Loskauf von der Untertänigkeit für eine sog. billige
Entschädigung. Das Gesetz über die Aufhebung der Untertänigkeit wurde um sie¬
ben Tage später mit einem kaiserlichen Patent erlassen.
Tschechische Politiker und Publizisten konnten nicht nur während der Revo¬
lution mit Kudlich auf einen gemeinsamen Nenner kommen, sondern auch spä¬
ter - es betraf die Formen der Aufhebung der Fronarbeit und der Untertänigkeit
und vor allem die staatsrechtlichen Fragen, denn Kudlich verteidigte die großdeut¬
sche Lösung. Obwohl man vor allem die negative öffentliche Wirkung von Kudlich
wahrnimmt (gesehen mit tschechische Augen), verdient er sich trotzdem, ein paar
positive Punkte in Bezug auf sein Wirken im Jahre 1848 zu erwähnen - wenn die
Untertanenfrage nicht vom Reichstag behandelt worden wäre, sondern von den
Landtagen mit einer konservativeren Zusammensetzung, ergibt sich daraus die
Frage, ob in Böhmen überhaupt die Aufhebung komplett durchgekommen wäre
oder die Regulierung dann nur die Fronarbeit betroffen hätte.4
4 BRUCKMÜLLER E.: Die Kudlich-Legende. In: Arhivistika - zgodovina -
pravo. Vilfanov
spomin-
ski
zbornik. Ljubljana
2007,
S.
321-343, hier
S.
324-325. Noch am 25. Juli 1848 übergaben Franz
Thun-Hohenstein und
Jindřich
Clam-Martinic im Namen der weiteren Herrschaften dem Prager
Landgubernium eine dem Kaiser adressierte Petition. Die Petition forderte eine Entscheidung an,
die die naturelle Robot betraf, die Frage der Entschädigung sollte der Kompetenz des Landtages
überlassen werden.
354
HANS KUDLICH
(1823-1917)
Kudlich
trug vor allem dazu bei,
dass
das Gesetz schnell verabschiedet wurde.
Diesbezüglich
muss man
immer zwei Sachen vor Augen haben:
1) Die deutsche Linke, deren Mitglied Hans Kudlich war, verfolgte mit der Ein¬
reichung des Entwurfes zur Aufhebung der Untertänigkeit vor allem politische
Ziele, d.h. versuchte damit das Land zur Revolution zu binden. Aus diesem Grund
beharrte sie darauf,
dass
vom Parlament nur eine Rahmenbestimmung zur Auf¬
hebung der Untertänigkeit angenommen wird, und über die Art der Aufhebung
wollte sie so lange wie möglich verhandeln, damit die Landbevölkerung greifbares
Interesse an dem Geschehen in Wien hatte. Deshalb schlug sie auch die Möglich¬
keit der Aufhebung der Fronarbeit ohne Entschädigung, bzw. gegen eine Entschä¬
digung, allerdings bezahlt von Staatsmitteln, vor. Nach Anton Springer verfehlte
diese Taktik allerdings das erwünschte Ziel, denn die Bauern hörten auf - weil sich
die Verhandlungen so lang hinzogen - der Linken zu vertrauen und ließen sich von
der konservativen Partei überzeugen.5 Man kann noch eine Absicht voraussetzen -
da die deutsche Linke für Frankfurt und die großdeutsche Lösung war, zögerte sie
durch die Beschäftigung des Parlaments mit der Untertanenfrage die Annahme der
österreichischen Verfassung hinaus. Hätte man nämlich schneller die gesamtdeut¬
sche Verfassung ausgearbeitet, hätte sich die österreichische Verfassung in den
Frankfurter Grenzen bewegen müssen. Vierzig Jahre nach den Ereignissen aus
dem Jahre 1848 dachte
Alois Pravoslav
Trojan, einer der böhmischen Teilnehmer
der Revolution genauso nach: „Der Verdienst des bekannten Kudlichs um die Auf¬
hebung der Fronarbeit war - völlig geringfügig. Diejenigen Männer, die ihn vor¬
schoben, hatten nur die politischen Zwecke im Sinne. Sie suchten Beschäftigung
für den Reichstag, damit die föderative Verfassung nicht durchgeführt werden
konnte. 6
2) Darauf,
dass
man die Fronarbeitfrage einschließlich der ganzen Untertänig¬
keit lösen
muss,
einigten sich im Jahre 1848 alle relevanten politischen Kräfte mit
der Ausnahme der Ultrakonservativen. Erinnern wir uns daran,
dass
die konkre¬
ten Durchführungsvorschriften erst am 7. März 1849 (mit dem Datum 4. März)
erschienen, also nach der Niederlage der Revolution. Falls wir über die Tatsache
hinwegsehen,
dass
es zu der Regulierung der Untertanenfrage auch ohne Kudlich
und die deutsche Linke gekommen wäre, können wir konstatieren,
dass
die Be¬
zeichnung Bauernbefreier, die Kudlich seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts
von einem Teil des deutschen politischen Lagers zugestanden wurde, tatsächlich
zutreffend ist. Diese Bezeichnung erfasst den Kern der Sache in dem Sinne,
dass
Kudlichs Entwurf vor allem den Interessen der „Bauernaristokratie passte. Kud-
SPRINGER, A: Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809. Leipzig 1863-1865, S.417.
Pozor,2.
10.1888,
S.
1 :
Rolnický sjezd v Praze-z řeči poslance
dr.
Trojana
[Bauerntagung in Prag -
aus der Rede des Abgeordneten dr. Trojan].
RESÜMEE 355
lieh war also kein Landbefreier. Einer der bedeutenden Vertreter der konservati¬
ven Rechten, Josef Alexander von Helfert, berührte in seiner Parlamentrede vom
24. August 1848 diese Schwäche von Kudlichs Entwurf- sein Interesse, auch bei
der Analyse der Untertanenfrage, hautpsächlich an der Bauernschaft und nicht an
dem Lande als Komplex. Kudlich hat sich nie vorher und nie nachher mit der Land¬
problematik als einem Komplex beschäftigt, egal ob im sozialen Sinne (also mit
der vollständigen Struktur der Landbevölkerung) oder im territorialen Sinne (also
mit den sich aus dem klimatischen Charakter und der historischen Entwicklung
ergebenden Unterschieden der einzelnen Provinzen). Seine Unkenntnis spiegelte
sich auch in seinem Entwurf wider - er war nicht durchgearbeitet, nahm oft die
entgegengesetzten Interessen der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten auf
dem Lande nicht in Kauf7, er bemühte sich um eine einfache und direkte Lösung
der Situation, deren Kompliziertheit aber nur sehr schwer eine derartige Lösung
ermöglichte.8 Seine Reden bei den Verhandlungen zur Untertanenfrage waren
idealistisch leidenschaftlich, voll von Attributen und Angleichungen. Sie betonten
historische Ungerechtigkeiten und schwärmten für das Zerschlagen der Unfrei¬
heitfesseln. Auch beim heutigen Leser werden Emotionen und zustimmende Stel¬
lungen hervorgerufen. Auf den ersten Blick ist es aber offensichtlich,
dass
in den
Reden eine faktographische Kenntnis des Problems fehlt, weiter fachliche Kompe¬
tenz und Abstand, die ein guter Gesetzgeber haben sollte, falls er durch seine eif¬
rigen Bemühungen um die Beseitigung der Ungerechtigkeiten keine gesellschaft¬
lichen Erschütterungen verursachen will. Die Reden der Mitglieder der Rechten
waren im Durchschnitt kühler, nüchterner und faktischer, obwohl sie ab und zu
zynisch alte Laster verteidigten.
Sofort nach der Auflösung des Reichstages in Kremsier/
Kroměříž
am 7. März
1849 musste Kudlich aus der Heimat fliehen, wo er nach dem Verlust der Abgeord¬
netenimmunität von der Verhaftung wegen seiner Aktivitäten in der Zeit der Okto¬
berunruhen in Wien bedroht wurde. In den deutschen Ländern nahm er aktiv an
den Revolutionsaufständen in Rheinland-Pfalz und Baden teil. Nach ihrer Unter¬
drückung von der preußischen Armee emigrierte er in die Schweiz, wo er Medizin
studierte (das Jurastudium in Wien brachte er nicht zu Ende). Im Jahre 1854 wurde
er in Wien in Abwesenheit zur Todesstrafe verurteilt. Schon ein Jahr früher wurde
er auf Druck der österreichischen Regierung aus der Schweiz ausgewiesen. Er ließ
Soziale Widersprüche, vor allem zwischen den Häuslern und Bauern, sind genau in den Petitio¬
nen vom Lande an den Mährischen Landtag im Jahre 1848 erfasst. Siehe
RADIMSKÝ,
J. - WUR-
MOVÁ,
M.:
Petice moravského lidu
к
sněmu z roku
1848 [Die Petitionen des mährischen Volkes zum
Landtag vom Jahre 1848].
Praha
1955.
Wir führen ein Beispiel an - von den Erträgen aus den Untertanenverpflichtungen war auch das
damalige System der Armenbetreuung abhängig, denn die Obrigkeit widmete ab und zu einen Teil
der Erträge von einem Herrschaftsgut den Waisenhäusern, Stiftungen usw. Auch deshalb musste
die ganze Frage komplex gelöst werden, mit der Kenntnis der möglichen Auswirkungen.
356
HANS KUDLICH
(1823-1917)
sich
in
Hoboken
bei New York
nieder, wo er seine ärztliche Praxis aufmachte. Im
Jahre 1867 wurde er in Österreich amnestiert, und seit dem Jahre 1872 besuchte
er wiederholt seine alte Heimat. Hauptsächlich im Jahre 1888, also anlässlich des
40. Jubiläums der Revolution 1848, trat er bei vielen öffentlichen Meetings auf den
deutschsprachigen Gebieten von Böhmen, Mähren und Schlesien auf. Auch von
Amerika aus schickte er den österreichischen Zeitungen Artikel zu, die die österrei¬
chischen Deutschen zu einer einheitlichen nationalen Haltung anspornten (unter
der Führung von Liberalen), weiter zum Kampf gegen die Klerikalen, gegen den
konservativen Adel, gegen Antisemitismus und gegen die Emanzipationsbemü¬
hungen der slawischen Bevölkerung von Zisleithanien. Mit den Aufforderungen
zum nationalen Kampf gegen die Tschechen belebte und verstärkte er die tsche¬
chischen Antipathien gegen seine Person aus der Revolutionszeit. Er lebte bis zu
einem ehrwürdigen Alter von 94 Jahren - und starb am 10. November 1917 in
Hoboken als der letzte lebende Abgeordnete des Reichstages 1848/1849. Im Jahre
1925 wurden seine menschlichen Überreste aus Amerika gebracht und im Mau¬
soleum des Aussichtsturmes aufbewahrt, die im Jahre 1913 zu seiner Ehren von
seiner Heimatstadt Lobenstein /
Ovalno
erbaut wurde.
Die Denkmäler erinnern an Kudlich als einen Bauernbefreier, er wurde aller¬
dings auch als echter Volksmann, Freiheitskämpfer oder Freund des deutschen Vol¬
kes gefeiert. Ernst Bruckmüller schrieb,
dass
Kudlich einer der historischen Helden
ist, die von den Medien geschaffen wurden.9 Er hat sicher recht. Kudlich kümmerte
sich nie vorher und nie nachher, außer dem Gesetzentwurf im Jahre 1848, um die
Bauernfrage genauso wie um die Problematik des ländlichen Lebens. Außer ei¬
ner ganz allgemeinen Äußerung vom Ende des 19. Jahrhunderts, in welcher er
erklärte,
dass
die Bauernschaft in der Monarchie mehr von den Steuern erdrückt
wird als vor dem Jahre 1848, sieht es so aus, als ob ihn die soziale Schlüsselfrage
überhaupt nicht interessiert hätte. Er äußerte sich fast ausschließlich nur zu den
Fragen der Freiheit, der Nationalität und Kultur, und es scheint,
dass
ihm die Zu¬
sammenhänge mit der sozialen Frage leider entgangen waren. Wäre Zisleithanien
vom Ende des 19. Jahrhunderts homogen durch die Deutschen besiedelt worden,
hätte er kaum jemanden ohne die Wahrnehmung der sozialen Problematik mit sei¬
nen Auftritten angesprochen. Er konnte nur dank der politischen Nachfrage zur
mit der Revolution 1848 verbundenen Ikone werden, die auf Grund der nationalen
Auseinandersetzungen und der Erweiterung des Wahlrechts entstanden ist, was
letztendlich die Nationalisierung der Liberalen verursachte - diese sollte die Ideen
BRUCKMÜLLER, E.: Die Grundherren, die Bauern und die Revolution. In: STANGLER, G. (Hg.):
Hans Kudlich und die Bauernbefreiung in Niederösterreich (Sonderausstellung im NÖ Landhaus
17. Mai - 22. Juni 1983). Wien 1983, S. 57-76, hier S. 75.
RESÜMEE 357
des „Fortschritts und der Freiheit auch bei den neuen deutschen Wählern auf¬
rechterhalten.10
Dabei ist offensichtlich,
dass
die Aufgaben, vor welchen die österreichische Mo¬
narch am Ende des 19. Jahrhunderts stand, nicht durch die Politik und Meinungen
aus dem Jahre 1848 lösbar waren, was Kudlich auch vom deutschnationalen Ab¬
geordneten aus dem Jägerndorfer Gebiet, Karl
Türk,
vorgeworfen wurde. In einem
offenen Brief aus dem Jahre 1888 nimmt er sich bei der Evaluierung von Kudlich
keinen Blatt vor den Mund. Nach
Türk
versteht Kudlich die zeitgenössischen po¬
litischen Verhältnisse in Österreich überhaupt nicht und falls er sich entscheiden
sollte, zurück zu kehren und sich der politischen Tätigkeit zu widmen, würden die
Bauern bald feststellen,
dass
er weder ein Volksmann noch ein Politiker ist. Sein
Ruhm würde sich dann schnell auflösen. Selbstgefällige Erklärungen und Phra¬
sen auf wackeligen Füßen machen keine wirtschaftliche und nationale Realpolitik,
noch weniger in den schweren und ungünstigen Verhältnissen, in welchen sich das
deutsche Volk und die deutsche Bauernschaft heute befindet, und die deutsche li¬
berale Partei, die Kudlich zu ihren Zielen ausnutzt, trägt daran ihre Schuld. Kud¬
lich hat in einem ganz besonderen Maße eine Eigenschaft, die typisch für fast alle
Politiker und Abgeordneten aus dem Jahre 1848 ist - er hat nämlich in seinem Kopf
keinen weiteren Platz für eine andere Idee - mit den Ideen des Jahres 1848 steht
und fällt seine Fähigkeit zu denken.11
Karl Johann
Türk,
Reichstagsabgeordneter für Schönerers Alldeutsche Partei,
reagierte so auf einen der in der liberalen Presse gedruckten offenen Briefe, in wel¬
chen Kudlich die deutschen Ultranationalisten für ihren Antisemitismus scharf
angriff. Wenn wir vom scheinbaren Paradox absehen, das in der Ära der Massen¬
politik zur üblichen Sache wurde, nämlich,
dass
ein Politiker eine andere öffent¬
lich tätige Personen des Populismus beschuldigt, waren Türks Beobachtungen in
mancherlei Hinsicht sehr prägnant.
Türk
schrieb sie im Jahre 1888, das für die
Geburt des Mythos des Bauernbefreiers entscheidend war. Dabei ist es interessant,
dass
die deutschen Liberalen, die bei der Genese Kudlichs Mythos im Jahre 1888
die Regie führten, eigentlich nicht die Befreiung des Landes feiern wollten - sie
wollten sich darauf eher stützen. Im Jahre 1879 hörten sie auf, Regierungspartei
zu sein und die Senkung des Steuerzensus, durchgeführt von Taaffes Regierung
in der Hälfte der 80er Jahre, zwang sie, sich von dem Modell der Honoratioren¬
partei abzuwenden und um die Wähler aus den niedrigeren Gesellschaftsschichten
zu kämpfen. Der Verfall des deutschen Liberalismus begann schon mit dem Krach
FASORA,
L.:
Dělník a měšťan. Vývoj jejich vzájemných vztahů na příkladu šesti moravských mést
1870-1914 [Arbeiter und Bürger. Die Entwicklung ihrer gegenseitigen Verhältnisse am Beispiel
von sechs mährischen Städten]. Brno 2010, S. 333.
International Institute
of Social History,
Amsterdam, Hans Kudlich
Papers,
Nr. 506 (Karl
Turk:
Offene Antwort auf den letzten offenen Brief des Dr. Hanns Kudlich aus Hoboken in Amerika).
358
HANS KUDLICH
(1823-1917)
an der
Wiener
Börse im Jahre 1873, danach beschuldigte der Oppositionsflügel
der Partei, Jungen, ihre Kollegen der Toleranz der Korruption und der Jagd nach
Sinekuren. Die Sprecher der Jungen, Alfred Knoll und Karl
Piekert,
forderten einen
größeren Einfluss von lokalen Organisationen und einen größeren Raum für natio¬
nale Gedanken. Als die Liberalen ihre erste Wahlniederlage im Jahre 1885 erlitten,
teilte sich ihre Parlamentsfraktion in den Deutsch-österreichischen Klub, der wei¬
ter in die altliberalen Spuren trat, und den Deutschen Klub, der national-liberal war.
Seine Mitglieder waren die damaligen Reformliberalen um Karl
Piekert,
Max Men¬
ger, Redakteur der Leitmeritzer Zeitung Julius Gierschick12 und den Sekretär der
Reichenberger Handels- und Gewerbekammer Hermann Hallwich, die sich dessen
bewusst wurden,
dass
die Parteipolitik verändert werden musste. Obwohl sie nicht
zu Antisemiten geworden sind, haben sie Druck darauf ausgeübt,
dass
die alte uni¬
versale liberale Rhetorik durch den Diskurs des deutschen Nationalismus ersetzt
wird. Dieser Nationalismus postulierte keine Rassendefinition des Deutschtums,
sondern eine kulturelle Definition, die die sog. liberalen Werte und Traditionen im
deutschen Volk unterstrich. Es sollte ein vereinigendes Element für die durch die
ökonomischen Interessen getrennte deutsche Kommunität sein.
Gerade in der Zeit der Aktivierung der deutschnationalen Politik, als sich die
Reformliberalen dessen bewusst wurden,
dass
es zwingend nötig ist, eine breitere
Basis von Sympathisanten also auch Wähler anzusprechen, ist der Mythos Kud-
lich geboren. Es kam die Zeit des Szenenauftritts des Bauernsohnes aus Loben¬
stein
/Úvalno,
des Revolutionärs aus dem Jahre 1848, des Autors des Entwurfes
zur Aufhebung der Untertanenpflichten.
Piekert, Menger
und Gierschick aus dem
Reformflügel der deutschliberalen Partei unterhielten mit Kudlich Kontakt. Die
Presseorgane der deutschen Liberalen begannen im Frühling des Jahres 1888 mit
einer medialen Kampagne, die den Leser insbesondere an die historische Bedeu¬
tung der Persönlichkeit Hans Kudlichs erinnern sollte. Auf der Ebene des sich bil¬
denden politischen Mythos spielte die Schlüsselrolle der Umstand,
dass
man Kud¬
lichs Entwurf als Höhepunkt des Reformwerkes Josefs
II.
interpretieren konnte,
dessen Kommemoration im deutschen Milieu von Zisleithanien stark verwurzelt
war. Nicht nur in den böhmischen Ländern wurde der sog. Volkskaiser Josef
II.
zu
einem der Symbole des Deutschtums und die für ihn enthüllten Denkmäler stell¬
ten eine symbolische ethnische Grenze in der Kulturlandschaft. 3 Die gleichzeitige
Kommemoration von Kaiser Josef
II.
und Hans Kudlich als seinen Fortsetzer bilde¬
ten eines der Motive der Gedenkfeier anlässlich des 40. Jubiläums der Aufhebung
der Untertänigkeit. Für das Land, loyal zum Herrschaftshaus, war die Interpreta-
12 http://■www.litomerice-info.cz/cz/mesto-litomerice/vyznamni-rodaci/ostatni/julius-gierschick/
(3.1.2012).
13 WINGFIELD, N.M.:
Conflicting Constitutions of
Memory:
Attacks on Statues of Joseph II in the
Bohemian Lands after the Great War. In: Austrian History Yearbook,
28 (1997),
S.
147-171.
RESÜMEE 359
tion
von Hans Kudlich als einem Fortsetzer des Reformwerkes von Kaiser Josef
II.
zugänglicher als historische Analyse Kudlichs politischer Tätigkeit in den Revolu¬
tionsjahren 1848/49. Unter dem Vorwand der Feierlichkeiten anlässlich des 40. Ju¬
biläums der Aufhebung der Untertänigkeit, sehr oft als nationale Feierlichkeiten
inszeniert, fanden die Vorwahlmeetings der deutschen liberalen Partei statt. Die
Liberalen präsentierten sich dabei als Repräsentanten der Partei, deren Vertreter
1848 die Prinzipien der bürgerlichen Gesellschaft im Parlament durchsetzten und
welche sie auch weiterhin auf dem Parlamentboden verteidigen und erweitern.
Wenn wir uns die „Feierlichkeiten der Aufhebung der Untertänigkeit aus dieser
Perspektive anschauen, dann ist es offensichtlich, warum die Festredner auf Kud-
lichfeierlichkeiten Ende der 80er Jahre in den Vorgebirgsregionen mit traditionell
niedriger Produktivität der landwirtschaftlichen Produktion die aktuellen ökono¬
mischen Themen mieden, d.h. diejenigen Themen, die wirklich das Lande quälten;
desto mehr konzentrierten sie ihre Aufmerksamkeit auf die nationale Problematik.
Von diesem Fakt war auch das Szenario der Reden für diese Feierlichkeiten abhän¬
gig. Der Vorredner, ein Reichstagsabgeordneter oder Spitzenvertreter der lokalen
politischen Szene, stellte Hans Kudlich vor und betonte seine Bauernherkunft,
damit schuf er die Bindung der gemeinsamen Identität mit den Anwesenden, für
die Stadtteilnehmer erwähnte er seine Ausbildung und die Ausübung eines freien
Berufs, folgend im Geiste des politischen Mythos „Hans Kudlich - Bauernbefreier
erinnerte er an seine Verdienste im Jahre 1848, d.h. die Einreichung des Entwurfs
zur Aufhebung der Untertänigkeit, weswegen er im Rahmen der Intentionen des
Mythos und nicht der historischen Realität ins Exil gehen musste. Die Bindung mit
der Bauernschaft verstärkte man mit Phrasen „für eure kollektive Freiheit, opferte
er seine individuelle , was psychologisch bei den Teilnehmenden ein verstecktes
Schuldgefühl hervorrief, oder „er litt für uns, wir sollten ihm mindestens dankbar
sein . Dann trat in dieser
emotionell
geladenen Atmosphäre Hans Kudlich auf, der
in dem ersten Teil seiner Rede an den Vorredner anknüpfte, als er an die Position
der Bauernschaft vor und nach der Annahme seines Entwurfs aus der Hinsicht der
bürgerlichen Rechte erinnerte. In der Regel mied er aktuelle ökonomische Pro¬
bleme des Landes oder berührte sie nur am Rande, um in dem weiteren Teil seiner
Rede auf der Welle des Nationalismus und Antiaristokratismus fortzusetzen, die
ihm eigen war und die für die beteiligten Massen mit ihrer Mentalität akzeptabel
war. In den meisten von Kudlichs Reden erklangen auch scharfe Ausfälle gegen die
katholische Kirche, danach können wir urteilen,
dass
unter den Zuhörern vermut¬
lich nicht der klerikale Teil der Bauernschaft war, der zu den Christsozialisten zu¬
steuerte, während der antiklerikale Teil im Jahre 1888 noch in Reihen des national¬
liberalen Lagers war und später Deutsche
Agrárpártéi
bildete.
Einige Feierlichkeiten erreichten ihren Höhepunkt, indem Kudlichs Denkmal
enthüllt wurde. Auch diese Form der Kommemoration spiegelte eher die Zeit ihrer
360
HANS KUDLICH
(1823-1917)
Entstehung wider als die Ereignisse aus dem Jahre 1848, was durchaus auch für
die in den letzten Jahren der Monarchie und in der
I.
Republik entstandenen Denk¬
mäler gilt. Im Jahre 1888 wurden drei Denkmäler enthüllt (Totzau bei Duppau/To-
cov
u
Doupova,
Teplitz-Neudorfl/Teplice-Nová
Ves,
Jägerndorf
/Krnov),
in Saaz/
Zatec
wurde der Grundstein des geplanten Monumentes gelegt und in Uitwa/
Útvina
und Zauchtel / Suchdol
nad Odrou
wurde seit diesem Jahr an Kudlich in der
Form einer Gedenktafel erinnert. Die Feierlichkeit von Teplitz mit der Teilnahme
von 20 000 Menschen (soweit man der Presse trauen kann) kann man als eine na¬
tionale Massenmanifestation betrachten, die sowohl eine tiefe Spur in dem kultu¬
rellen Gedächtnis der Region als auch im kollektiven Gedächtnis seiner deutschen
Bevölkerung hinterließ. Es handelte sich um eine bis ins letzte Detail organisierte
Aktion. Noch vorher, am 18. August 1888, nahm Hans Kudlich persönlich an der
Eröffnung des Aussichtspunktes auf dem Gipfel des Hügels Legerberg bei Tot¬
zau (ein nach dem Jahr 1945 untergegangenes Dorf auf dem Gebiet von Kaaden/
Kadaň)
teil; dem Aussichtsturm, der seinen Namen trug, stand das Primat der äl¬
testen Stelle in Bezug auf das Personengedächtnis zu.
Der Feierlichkeit in Totzau widmete die Presse ziemlich viel Aufmerksamkeit; im
besten Licht präsentierte sie ausschließlich die deutsche liberale Presse. Bei diesem
Anlass äußerte sich auch führendes tschechisches Blatt zur Kudlichs Anwesenheit
im Land,
Národní listy.
Die überdauernde ausgeprägte Stellung der tschechischen
Seite gegenüber Kudlich ist sowohl aus dem Titel des Artikels offensichtlich (Hans
Kudlich spukt wieder in Böhmen) als auch aus den genutzten Sprachwendungen,
die in dem Leser eine negative Wahrnehmung der Persönlichkeit hervorrufen
sollten. Realistisch bewertete das Blatt die Tatsache,
dass
Kudlich als Instrument
der politischen Agitation der Liberalen dient, d.h. nach der Meinung des Autors
machen die Liberalen aus ihm ganz gezielt einen deutschen nationalen Heiligen
(„den neuzeitigen hl. Georg, der den Drachen der Knechtschaft besiegte )· Kud¬
lichs Rede präsentierte der Autor als eine Anhäufung von Unsinn und „... als eine
von seinen üblichen Reden, zusammengestellt aus banalen Phrasen, zusammenge¬
kehrt aus den deutsch-nationalen Blättern. 14
Den Tschechen konnte Hans Kudlich seiner Meinungen wegen überhaupt nicht
sympathisch sein. Den tschechischen nationalen Führern warf er im Jahre 1848
als auch später einen engstirnigen nationalen Fanatismus vor, obwohl er sich ge¬
nauso benahm. Den Feinden aus den Reihen der Reaktion und den Angehörigen
der slawischen Nationalitäten unterstellte er nur falsche Absichten oder zumindest
Rückständigkeit; er versuchte nicht einmal ihre Stellungnahmen zu verstehen, im
Handeln der deutschen Linke ihre Motive zu suchen, er dachte nicht im Kontext
der Interaktionen nach. Vom kulturellen Niveau der Slawen hielt er nicht viel; als
14
Národní listy,
24.8.1888,
S.
4: Hans
Kudlich straší opět v Čechách [Hans
Kudlich wiederspukt in
Böhmen].
RESÜMEE 361
einzige Kulturnation in Mitteleuropa sah er nur die Deutschen, die deswegen in
diesem Raum eine Zivilisationsmission erfüllten. In seinem Konzept sollten die
rückständigen slawischen Nationen die führende Stellung der Deutschen und
deutsche Kultur akzeptieren. Er war also gegen die Emanzipation der slawischen
Nationen, er erkannte ihr Recht auf Gleichberechtigung nicht an. Die Überlegen¬
heit der deutschen Kultur im mitteleuropäischen Raum war für ihn eine Selbstver¬
ständlichkeit und gleichzeitig eine Bedingung, um den Fortschritt zu erreichen.
Die Feierlichkeit zur Enthüllung des Denkmals auf dem Gipfel des Wachholder-
berges bei Teplitz am 8. September 1888 wurde von den deutschen Liberalen im
Geiste einer nationalen Feier inszeniert, und zwar um die Einigkeit der deutschen
Bevölkerung der Region zur Schau zu stellen. Die zweitägigen Feierlichkeiten, die
der Ehrengast Hans Kudlich durch seine Anwesenheit beehrte eröffnete man mit
einem Abendfest im Ort Schlossberg.
Emotionell
wirkte vor allem die außerordent¬
liche Illumination des öffentlichen Raumes und der gemeinsame Zug zurück in die
Stadt, begleitet vom Liedersingen, auf die Anwesenden.15 Am nächsten Tag be¬
gann um Mittag eine großartige Feier, wie sie von den meisten Anwesenden noch
nie erlebt wurde. Die Zeitungen schrieben von über 20 000 bis 25 000 Teilnehmern,
was man nicht verifizieren kann. Um ein Uhr am Nachmittag setzte sich der Fei¬
erzug, der von der Stadt zum Gedenkort Wachholderberg steuerte, in Bewegung.
Auf dem Weg ging der Zug durch zwei Ehrentore. Das Erste trug die Inschrift
„Grüß Gott, Hans Kudlich, In unserem Ort. Du Freund der Bauern, Geh nimmer
fort und das zweite „Von unseren Rechten den Schwarzen, Auch nicht ein Fädlein,
Wir wollen freien Bauern, im Geiste Kudlichs sein [gemeint werden hier Kleriker-
Anm.
der
Aut.].
Von der ganzen Reihe der Reden sind einige von Kudlichs Wörtern
wert sie zu betonen. Kaum bekam er das Wort, bestärkte er die Gemeinsamkeit
der Anwesenden durch die Ansprache „Meine deutschen Landsleute, Brüder und
Schwester . Im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Politikern schloss er in die
nationale Gemeinschaft auch die teilnehmenden Frauen ein, d.h. den aus dem poli¬
tischen Leben ausgeschlossenen Teil der Bevölkerung. Für die erhaltenen Blumen
bedankte er sich im Namen all derer, die für die Revolutionsgedanken des Jahres
1848 kämpften. Er sagte, er verspreche seine Teilnahme nur in dem Falle, wenn er
nicht zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit werde [in der Wirklichkeit war er Mit¬
telpunkt und es sollte auch so sein -
Anm.
der
Aut.].
Die Feierlichkeit stellte für ihn
die Kommemoration der Gedanken und Ideen des Jahres 1848 dar, d.h. insbeson¬
dere der Freiheit. Das Thema der Freiheit erweiterte er dann am Beispiel der Aufhe¬
bung der Fronarbeit. Weiter im patriotisch-nationalen Geiste regte er das nationale
Empfinden der Anwesenden an: „Ich lege euch allen ans Herz: Falls ihr im Herzen
DÜDING, D. - FRIEDEMANN, P. - MÜNCH, R: Öffentliche Festkultur: politische Feste in
Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg. Hamburg 1988, S.91.
362
HANS KUDLICH
(1823-1917)
deutsche Nationalität habt, kämpft nicht nur allgemein gegen die Feinde dieser
Nationalität. Kämpft auch für Österreich.
Die einen Grabhügel bildenden Steine bei der Ferse des Denkmals symbolisier¬
ten die Freiheit und Festigkeit der Haltung der deutschen Bauernschaft im natio¬
nalen Kampf; das Denkmal in der Form eines Obelisken stellte den Sieg und das
Gedächtnis dar.16 Diese Idee wurde auch in die vier Marmorplatten am Denkmal
eingemeißelt: „Am 8. September 1848 fielen die Fesseln des Frondienstes -Am
8. September 1888 erstand dieses Denkmal - In Treue und Dankbarkeit die Be¬
wohner der Bezirke
Bilin,
Dux, Teplitz
- Wir wollen sein ein einiges Volk von Brü¬
dern -Was die Vätern kämpfend errungen, sollen wachsam wahren die Jungen .
Die zweitägigen Feierlichkeiten wurden mit einer Abendvorstellung des
Schiller schen Wilhelm Teil17 im Stadttheater und einem Festessen für ausge¬
wählte Gäste abgeschlossen. Anlässlich der stattfindenden Feierlichkeiten wurde
eine Gedenkschrift18 herausgegeben, in welcher Hans Kudlich mit seiner Einfüh¬
rung Nationale Festtage beitrug. Kudlichs Text stellt ein Manifest dar, das nach
der Veranstaltung von nationalen Feierlichkeiten der deutschen Bevölkerung in
der Monarchie verlangt. Seiner Meinung nach stellen gerade die Septemberfeier¬
lichkeiten zur Aufhebung der Fronarbeit den geeignetsten Anlass für alljährliche
nationale Festlichkeiten dar.19 Der Gedenkort Bauerbefreiungs-Denkmal, der aller¬
dings seit seiner Enthüllung nie anders als Hans Kudlich-Denkmal genannt wurde,
wurde nicht nur zum Schauplatz der Feierlichkeiten zur Aufhebung der Fronarbeit,
sondern auch zum Ort der Kommemoration der Persönlichkeit Hans Kudlichs.
Zum Beispiel stellte die öffentliche Feier anlässlich Kudlichs 80. Geburtstages ein
typisches nationales Fest dar, bei welchem die Veranstalter gezielt die historische
Bedeutung der Persönlichkeit für die deutsche Bevölkerung der Monarchie und ihr
politisches Vermächtnis betonten, d.h. die Idee der Freiheit und Einigkeit der deut¬
schen Bevölkerung.20
16 MENKOVIC,
В.:
Politische Gedenkkultur. Denkmäler - die Visualisierung politischer Macht im
öffentlichen Raum. Wien 1999, S. 33.
17 Die Beendigung des Festes mit dem Drama Wilhelm Teil mit den Motiven von Schillers Werk war
sicher kein Zufall, sondern passte wie ein Puzzleteil in die Inszenierung der Feierlichkeit hinein. Im
Theaterstück über den Mythos des schweizerischen Kämpfers für die Freiheit konnte der aufmerk¬
same Zuschauer Parallelen zum Ehrengast Hans Kudlich finden. Und auch Hans Kudlich war das
Schauspiel mit den Motiven seines beliebten republikanischen Romans aus der Jugend sehr nah; in
der Reife nannte er seinen ältesten Sohn nach dem Haupthelden.
18 Fest-Blatt zur Feier des 40. Jahrestages der Robotaufhebung am 8. September 1888. Teplitz 1888.
19 Teplitzer Zeitung, 11. 9. 1888: Das Jubiläum der Bauernfreiheit; Teplitz-Schönauer Anzeiger, Bei¬
lage 73: Fest-Blatt zur Feier des 40. Jahrestages der Robotaufhebung am 8. September 1888; 12. 9.
1888: Die Gedenkfeier der Robotaufhebung.
20 Teplitzer Zeitung, 23.10.1903: Hans Kudlich; 25.10.1903: Die Kudlich-Feier in Teplitz-Schö-
nau; 27.10.1903: Kudlichfeier; Teplitz-Schönauer Anzeiger, 24.10.1903: Zum 80. Geburtstage
Dr. Hans Kudlich; 26.10.1903: Die Kudlich-Feier in Teplitz.
RESÜMEE 363
Die Polemik hinsichtlich Kudlichs Verdienst in Bezug auf die Aufhebung der
Untertänigkeit wurde mit jeder weiteren Feierlichkeit oder Kudlichs Äußerung
schärfer, und zwar nicht nur zwischen der sprachlich tschechischen und deutschen
Presse, sondern auch im Rahmen der deutschen parteiorientierten Journalistik.
Die erste von den kritischen deutschen Stimmen zu Kudlichs Engagement bei den
„Feierlichkeiten zur Aufhebung der Fronarbeit erklang auf den Seiten des Blattes
Der Bauernbote, Organ des „deutsch-böhm. Bauernbundes . Am Anfang des Arti¬
kels führte das Blatt realistisch an,
dass
im Hintergrund der Veranstaltungsserie
von Kudlichs Festen in Nordböhmen die liberalen Politiker
Swoboda,
Křepek
und
Milner stehen. In der Frage von Kudlichs Beitrag im legislativen Prozess der Auf¬
hebung der Fronarbeit präsentierte das Blatt eine ähnliche Meinung wie die tsche¬
chische Journalistik und von der Position der politischen Opponenten erinnerte
er die Leser aus dem ländlichen Milieu an den destruktiven Einfluss der liberalen
Gesetzgebung, die nach der Meinung der Redaktion zum ökonomischen Verfall
des Landes führen sollte - buchstäblich führte „das Jahr 1848 zur Verarmung des
Landes und die Bauern verlieren den Obrigkeitsschutz .21
In der Hälfte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts, also in der Zeit der sich vertie¬
fenden Krise der deutschen liberalen Partei, formierte sich die deutsche nationale
Gruppierung (Deutschnationale Vereinigung, die später auseinandergefallen ist
und sich in Deutsche Volkspartei, Alldeutsche Partei und Deutschradikale Partei
teilte). Diese Gruppierung, im Vergleich zum Reformflügel der deutschen libera¬
len Partei, propagierte keinen Kulturnationalismus, sondern (außer der Deutschen
Volkspartei) Rassennationalismus verbunden mit Antisemitismus. Kudlich konnte
nur schwer zur Ikone des nationalen Lagers werden, denn er verurteilte öffentlich
den sich im deutschen Milieu verbreitenden Antisemitismus, und zwar mit der Be¬
gründung,
dass
er die deutschen Kräfte spaltet und so den Slawen aushilft. Infolge
der weiteren politischen Entwicklung fanden in relativ kurzer Zeit auch die Natio¬
nalisten den Weg zu Kudlich; die Kommemoration bogen sie sich entsprechend
den Bedürfnissen der proklamierten Ideologie zurecht. Sie schätzten daran vor
allem die Betonung auf die Notwendigkeit, den deutschen Charakter der Monar¬
chie beizubehalten. Sie konnten darin noch die Personifikation der Zeit sehen, in
welcher die Monarchie noch den deutschen Charakter hatte und in welcher sich die
kulturelle Überlegenheit der mit der deutschen Sprache verbundenen Schichten
auch in ihrer Führungsposition in der Gesellschaft widerspiegelte.
Der verstärkte tschechische Druck einerseits und andererseits die Notwendig¬
keit, auf den Prozess der Demokratisierung des Wahlrechts zu reagieren, zwang die
Deutsche Liberale Partei die Festung der Honorationengruppierung zu verlassen.
Dadurch,
dass
sich die liberale Partei nationalisierte, verringerte sich ihr Abstand
Der Bauernbote, 31.8.1888: Vierzig Jahre nach Aufhebung der Robott.
364
HANS KUDLICH
(1823-1917)
zu den nationalen Gruppierungen, der dadurch nicht mehr wie eine unüberwind-
bare Kluft aussah. Vor allem auf der Ebene der Kommunalpolitik ist es für den heu¬
tigen Forscher sehr oft schwer festzustellen, ob diese oder jene Gruppierung dem
nationalen oder liberalen Lager zugehörte.22
Die Vorkriegsdenkmäler Hans Kudlichs erfüllten die Funktion des ideologi¬
schen Vermächtnisträgers der Errichter. Oben führten wir das monumentale
Denkmal von Teplitz an, das durch seine ausgewählte Form den Gedanken der
Freiheit ausdrückt. Ähnlich war es auch beim Denkmal in
Saaz/Žatec
(1890),
Trautenau/
Trutnov
(1890), Losdorf/
Ludvíkovice
(1893) und Reichenau an der
Maltsch/
Rychnov nad Malší
(1898). Der Grabhügel aus Gedenksteinen am Fuße
des Obelisken von Teplitz sollte offensichtlich die Herkunft vom deutschen Boden
symbolisieren und durch die Dauerhaftigkeit des Materials die Überzeugung aus¬
drücken,
dass
der Boden der Vorfahren auch in der Zukunft dem deutschen natio¬
nalen Besitztum erhalten bleiben wird. Der unbearbeitete Gedenkstein mit einer
Gedenktafel versehen setzte sich vor allem im Agrarmilieu der Kommemoration
durch, wo er durch die ausgewählte Form die proklamierte Idee vom einfachen
und ehrwürdigen Denkmal erfüllte. Einige der Gedenksteine hatten eine spezifi¬
sche Herkunft,
z. B.
in
Markausch/Markoušovice
(1898) wurde das Denkmal aus
dem angehäuftem
Araukarii
(versteinertes Holz) geschaffen, in Stiebnig/Jistebnik
(1910) wurde ein Findling zum Denkmal. Die Büsten der Persönlichkeit waren in
der damaligen Zeit nicht so vertreten wie in den nachfolgenden Zwischenkriegsjah¬
ren
(Barzdorf/Božanov
1913); öfter sind die Gedenktafeln im öffentlichen Raum,
wie z. B. Zauchtel/Suchdol
nad Odrou
und
Uitwa/Útvina
(1888) zu finden. Das
Monument konnte auch eine Grotte, wie es
z. B.
in Jägerndorf
/Krnov
(1888) oder
ein Aussichtsturm wie in Totzau/Tocov (1888) und Lobenstein
/Úvalno
(1913)
wurden.
Kudlichs Kommemoration in der
I.
Tschechoslowakischen Republik
Nach dem
I.
Weltkrieg gerieten die böhmischen, mährischen und schlesischen
Deutschen in den Rahmen des tschechoslowakischen Staates. Die österreichische
Staatsmacht, die (zwar nicht völlig unparteiisch) über den verfeindeten Parteien
stand, wurde durch die tschechoslowakische (in Wirklichkeit durch die tschechi¬
sche) Staatsmacht ersetzt, die sich mit einer der Parteien in der nationalen Aus-
22 Die Trennung des Nationalismus von Liberalismus ist tatsächlich ein viel komplexerer Prozess als
die Historiker bisher voraussetzten. Dieser Prozess war regional und zeitlich vielfach abgestuft, es
gab breite graue Übergangszonen. Und vor allem auf der lokalen Ebene der einzelnen Städte zeigte
sich der Liberalismus, geschützt durch das Kurienwahlrecht, viel stärker als auf der Reichsebene.
Siehe RUMPLER, H. - URBANITSCH, P. (Hg.): Die Habsburgermonarchie 1848-1918, Bd. VIII
Politische Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft, 1. Teilband Vereine, Parteien und Interessenverbände
als Träger der politischen Partizipation. Wien 2006, S. 62.
RESÜMEE 365
einandersetzung identifizierte. Diese fundamentale Veränderung zwang die Deut¬
schen, seit dem Jahre 1866 von Deutschland und neuerdings auch von Österreich
abgeschnitten, zur Formierung der sudetendeutschen Identität. Wie schon am
Anfang angeführt wurde, wurden in den 20er und 30er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts 38 weitere Kudlichs Denkmäler enthüllt, wobei in 21 Fällen der leer
stehende Sockel von der Statue Josef
II.
genutzt wurde (dazu verhalf die Interpre¬
tation Kudlichs als den Fortsetzer des Reformwerkes von Kaiser Josef
II.,
konkret
der Aufhebung der Leibeigenschaft). Die Denkmäler Hans Kudlichs entstanden
schon vor dem
I.
Weltkrieg aus zwei Grundbewegungsgründen: 1) um den Ein-
fluss der Liberalen in die unteren Mittel- und Unterschichten zu erweitern, die
von der liberalen Partei nur schwer durch ihr soziales Programm gewonnen wer¬
den konnten, 2) um das deutsche nationale Besitztum zu stärken, d.h. Kudlich
als einen deutschen nationalen Kämpfer zu präsentieren. Josef
II.,
ursprünglich
von den Menschen als Volkskaiser wahrgenommen, wurde in den 80er Jahren des
19. Jahrhunderts zum Symbol des tschechisch-deutschen Nationalkonflikts wegen
des politischen Inhalts, den die deutschen nationalen Aktivisten in seine physische
Präsentation in den böhmischen Ländern legten. Josef
II.
war in ihren Augen das
Gegenteil der „proföderalistischen und „proslawischen Gegenwart - so verstan¬
den sie die Zeit derTaaffe- Regierung. Als die Deutschen (die Liberalen und später
auch die Nationalen) Josef
II.
als Verfechter der Deutschen und des Deutschtums
zu verehren begannen, fingen die Tschechen an, ihn mit derselben Begründung zu
verurteilen. Im Oktober und November 1920 wurden die Statuen vom Kaiser Jo¬
sef
II.
zum Symbol des tschechisch-deutschen Konflikts im bekanntesten Fall von
Ikonoklasmus in der
I.
Republik, im sog. Krieg um die Statuen. Im Herbst dieses
Jahres wurden viele Statuen in Nord- und Westböhmen abgerissen. Das Schicksal
von den übriggebliebenen Statuen wurde im Jahre 1923 besiegelt. Zur Grundlage
für die rechtliche Entscheidung wurde das Gesetz zum Schutz der Republik, das
wir schon am Anfang erwähnten, das in Reaktion auf das Attentat auf den Finanz¬
minister
Alois
Rašín
erlassen wurde.23
Wir stimmen Barry
Schwartz
zu,
dass
die Denkmäler Beispiele aus der Vergan¬
genheit als soziale Konstruktion liefern, die von Angelegenheiten und Bedürfnis¬
sen der Gegenwart formiert wird.24 Die Tschechen verurteilten durch das Abreißen
und später durch die gesetzlich angeordnete Beseitigung der Statuen eigentlich
nicht die Zeit, in welcher Josef
II.
lebte, sondern die Zeit, in welcher die Statuen
enthüllt wurden und das, was sie symbolisierten - sie wurden zum Symbol der
Überlegenheit des deutschen Volkes und der deutschen Sprache in der Monarchie.
23
Sbírka zákonu a nařízení státu československého
[Sammlung von Gesetzen und Verordnungen des
tschechoslowakischen Staates] 50/1923.
Praha
1923,
S.
207-217.
24
SCHWARTZ,
В.:
Social Change and Collective Memory: The Democratization of George Washing¬
ton. American Sociological Review
56,
April
1991,
S.
221-222.
366
HANS KUDLICH
(1823-1917)
Im Vergleich dazu war die Beseitigung der Kudlichs Denkmäler nach dem
II.
Welt¬
krieg mindestens in dem Sinne „legitim ,
dass
auch der wirkliche Kudlich, nicht
nur der kommemorierte, ein überzeugter Feind der Tschechen war. Kudlichs Kom-
memoration war, gemessen an dem medialen Anklang, stärker an der Wende der
80er und 90er Jahre des 19. Jahrhunderts, als einige großartige Veranstaltungen
stattfanden. Mehr Denkmäler wurden zwar in den 20er Jahren des vergangenen
Jahrhunderts enthüllt, aber es handelte sich dabei eher um „die Lösung des Pro¬
blems der leeren Sockel als um eine weitere Nutzung des Kudlich-Kults zur Mo¬
bilisierung der Öffentlichkeit im breiteren territorialen Rahmen. Als wir die Kom¬
paration beider Perioden planten, gingen wir von der Prämisse aus,
dass
in der
I.
Republik Kudlichs Kommemoration einen schärferen antitschechischen Stachel
bekam, und zwar infolge der Verschlechterung der gesellschaftlichen Stellung der
Deutschen im Vergleich mit der zisleithanischen Ära. Diese These erweist sich aller¬
dings als nicht beweiskräftig. Auf Grund des heutigen Forschungsstandes weisen
vor allem diejenigen Feste einen scharfen antitschechischen Stachel auf, wo Hans
Kudlich persönlich redete; die Akteure der antitschechischen Äußerungen setz¬
ten sich nämlich nach dem Jahre 1918 einem größeren Risiko der Sanktionierung
hinsichtlich der Staatsmacht aus als je zuvor. Zudem sind die Reportagen über die
mit den Enthüllungen von Kudlichs Denkmälern verbundenen Feierlichkeiten aus
der Zeit der
I.
Republik sehr kurz gefasst. Gewisse Indizien der Reinterpretation
Kudlichs in Richtung der Stärkung von nationalen Aspekten weist die Schrift von
Karl Koberg aus, die anlässlich des 100. Jubiläums der Geburt des Bauernbefreiers
herausgegeben wurde.25 Die Schrift ist deswegen interessant, weil sie sowohl der
Bauernfrage als auch der nationalen Frage im Jahre 1848 dieselbe Aufmerksamkeit
widmet. Das vierte Kapitel trägt nämlich den Titel Nationalpolitische Kämpfe und
Anschauungen im Jahre 1848, und der Autor übernimmt darin buchstäblich einige
lange Abschnitte aus Kudlichs Memoiren (Rückblicke und Erinnnerungen), wie
z. B. über die Situation in der zweiten Maihälfte 1848. Kobergs Schrift entspricht
den Kriterien für eine wissenschaftliche Arbeit, im Vergleich zum Artikel von Franz
Habermann, der ebenfalls an das hundertjährige Jubiläum der Geburt des Bauern¬
befreiers im Jahrbuch des Bundes der Deutschen von Südmähren erinnerte. In der
Zeit lebte die Generation der Zeitzeugen der Revolution 1848 nicht mehr, so
dass
in einigen Schriften überhaupt nicht die Information darüber erschien,
dass
Kud¬
lichs Gesetzentwurf vom Juli 1848 nicht in seiner ursprünglicher Form erlassen
wurde, denn letztendlich wurde er in der Version erlassen, die von Lasser stilisiert
wurde. Das ist auch der Fall des Artikels von Habermann, in welchem behauptet
wird,
dass
die „Dunkelmänner und Rückschrittler Kudlichs Entwurf abweisen
wollten, aber sein Autor ließ sich nicht einschüchtern und es ist ihm gelungen, für
25 KOBERG, K.: Die Bauernbefreiung 1848. Zum 100. Geburtstage Hans Kudlichs. Leitmeritz 1923.
RESÜMEE 367
seinen Entwurf die Mehrheit zu sichern.26 Ähnliche „hagiographische Züge hat
auch die Broschüre des entfernten Verwandten von Kudlich, Otto Wenzelides, die
schon in der Zeit der
I.
Republik herausgegeben wurde. Ebenfalls Wenzelides, ei¬
ner der prominenten deutschen Nationalisten aus Troppau /
Opava,
beschreibt die
Befreiung der Bauern ausschließlich als Kudlichs Tat.27 Zwischen den Weltkrie¬
gen wurde das Schicksal von Hans Kudlich zum Thema des Romans von Bruno
Hans Wittek. Neben Kudlichs Aktivitäten im Reichstag und bei der nachfolgenden
Flucht aus der Heimat, widmet sich Wittek auch Kudlichs Kindheit und Jugend,
wo es ihm hauptsächlich darum geht, die Erniedrigung der Untertaten zu schil¬
dern und die Kritik an dem kranken Polizeiregime des Vormärz-Österreichs auszu¬
üben. Der Romanschriftsteller verbindet Kudlich auf interessante Art und Weise
mit Josef
II.
- als Hans am 13. März 1848 nach seiner schweren Verletzung nach
dem Konflikt mit den Soldaten in der Herrengasse ans Bett gefesselt ist, träumt er
bei hohem Fieber davon,
dass
er Josef
II.
ist und
dass
er das Feld bei Slavikovice
ackert.28
Die Kommemoration von Hans Kudlich in der
I.
Republik ist in der Denkmalkul¬
tur untrennbar mit der Verschiebung der Bedeutung der Kudlich-Warte in
Úvalno
verbunden. Die Feierlichkeiten von
Úvalno
zum 100. Jubiläum der Kudlichs Ge¬
burt verbunden mit der Idee der pietätvollen Aufbewahrung der sterblichen Über¬
reste der Persönlichkeit wurden vor allem auf Seiten der sudetendeutschen Presse
und des Blattes Deutsche Landpost präsentiert, des Presseorgans des Bundes der
Landwirte. Die Serie von lokalen Feierlichkeiten in zahlreichen Sudetengemein¬
den halten wir für eine Reminiszenz der Feierlichekeit.29 Von den Vorkriegsfest¬
lichkeiten der runden Jubiläen der Aufhebung der Fronarbeit unterschied sich
das Szenario der verlaufenen Feierlichkeiten in einigen Punkten grundsätzlich.
Der Hauptveranstalter änderte sich, von der Bühne verschwand die liberale Partei
und den Kult Hans Kudlichs nahmen die deutschen Bauernorganisationen als ei¬
gen an30, sehr oft in Zusammenarbeit mit der nationalen Partei und der deutschen
26 HABERMANN, F.: Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages - 23. Oktober 1823. In: Südmähris¬
cher Zeitweiser 1924. Jahrbuch des Bundes der Deutschen in Südmähren. Brunn 1924,
S.
1 28-135.
27 WENZELIDES, O: Hans Kudlich: ein Leben für Freiheit und Recht. Wamsdorf - Wien - Leipzig
1925.
28 Eine Anspielung auf ein Ereignis, das wirklich im Jahre 1769 passiert ist. Josef
II.
pflügte damals
in der Pause auf dem Weg nach
Olšany
eine Furche auf dem Feld bei Slavikovice bei Brunn auf.
WITTEK,
B. H.:
Sturm übermAcker. Roman. Breslau 1927.
24 Der Landbote, 22.11.1923: Kudlichfeiern: Alt-Ebersdorf, Brättersdorf, Dürrseifen-Altwasser,
Eckersdorf, Gross-Kunzendorf; 6.12.1923, Kudlichfeiern: Weissbach, Wildgrub, Zossen; 8.11.
1923: Kudlichfeiern: Bennisch,
Gross Olbersdorf,
Hotzenplotz, Kunzdorf bei Odrau, Neu Lublitz,
Olbersdorf, Wildschütz.
30
GAWRECKÁ,
M.:
Ke vzniku a vývoji strany
Bund der Landwirte
ve Slezsku
[Zur Entstehung und
Enwicklung des Bundes der Landwirte in Schlesien].
Acta histórica
universitatis Silesianae Opa-
viensis 1,2008, Confinia Silesiae (K
životnímu jubileu Rudolfa Žáčka). Opava
2008,
S.
221-236.
368
HANS KUDLICH
(1823-1917)
organisierten Jugend. Zu einem völlig neuen Phänomen der Feierlichkeiten wur¬
den Gottesdienste, was während des Lebens von Hans Kudlich, dem öffentlich be¬
kannten Gegner der Kleriker, undenkbar war. Durch das Stattfinden des gemein¬
samen Gottesdienstes näherten sich die Feierlichkeiten dem deutschen Modell
eines nationalen Festes, bei welchem der Gottesdienst die kollektive Identität der
Teilnehmer stärkte. Wie man aus den Nachrichten herauslesen kann, waren es in
vielen Fällen gerade Pfarrer, die bei diesen Festlichkeiten in kleinen Gemeinden den
Teilnehmern die Bedeutung von Hans Kudlich näherbrachten.
Das zeugt von der Verschiebung des Kults von Kudlich, bzw. von seiner Rein-
terpretation in eine Form, die man auch in einem stärker religiösen Milieu verwen¬
den könnte. Warum ist das passiert? Nach dem Jahre 1918 veränderte sich viel:
der Staat fiel auseinander und die Deutschen wurden von einem Tag zum anderen
zu einer nationalen Minderheit, die Gräuel des Krieges bedrängten sie. Bereits im
Jahre 1907 wurde das allgemeine und gleiche Wahlrecht eingeführt, das sofort
bei den ersten Wahlen auch auf die Frauen erweitert wurde. Von dieser Verschie¬
bung sagt auch folgende Tatsache etwas aus: Zum hundertjährigen Jubiläum von
Kudlichs Geburt wurde im Budweiser Verlag
Moldavia,
der nah dem Bund der
Landwirte stand, die zweite Ausgabe von Kudlichs Memoiren herausgegeben31,
die ein halbes Jahrhundert nach der ersten Wiener Ausgabe aus dem Jahre 1873
erschien. Hier kam es in dem ersten der drei Bände zu umfassenden redaktionellen
Veränderungen, genauer gesagt zum Auslassen von weitgehenden antiklerikalen
Textabschnitten, in welchen der Autor die Institution der katholischen Kirche und
ihre Rolle in der Gesellschaft anprangerte. Der Grund dafür war eindeutig die Be¬
fürchtung deutscher Agrarier,
dass
diese Textabschnitte die Integrationskraft des
Vermächtnisses von Kudlich auf dem deutschen Lande stören würden.
Der zweite Verbreiter des Kults von Kudlich, im Vergleich mit den Pfarrern auch
nicht unbedeutend, waren die Lehrer32. Aus den Quellen des kulturellen Gedächt¬
nisses entdecken wir allmählich den Prozess der Übertragung von Kudlichs Kult in
die Schulen und die Verbreitung unter den Kindern, und zwar zur derselben Zeit, in
welcher der Persönlichkeitskult von
T. G.
Masaryk
in tschechischen Schulen inten¬
siver wurde. Für die Erhaltung des Mythos im kollektiven Gedächtnis stellt die an¬
tretende Generation eine wichtige Schicht dar und ein Teil der sudetendeutschen
Jugend bekannte sich in den Zwischenkriegsjahren mindestens in den Ortschaf¬
ten mit einem Kudlich Denkmal stolz zum Vermächtnis dieser Persönlichkeit. Als
Höhepunkt der Kommemoration von Kudlich im Jahre 1923 halten wir die Ent-
31 KUDLICH, H.: Rückblicke und Erinnerungen. Bd.
I
—
III,
Budweis 1923.
32 Obwohl man im Zusammenhang mit der Enthüllung des Denkmals in Gibian/Jivjany in der zeit¬
genössischen Presse schrieb,
dass
es aus Initiative der dortigen deutschen Jugend errichtet wurde,
ergibt sich aus der Gemeindechronik,
dass
die Jugend zu diesem Schritt vom dortigen Lehrer inspi¬
riert wurde.
RESÜMEE 369
hüflung eines Denkmals in der Gemeinde Neu-Lublitz/
Nové Lublice.
Der Gedenk¬
stein sollte die Dauerhaftigkeit des nationalen Besitztums symbolisieren.33
Die mediale Kampagne der deutschen
Agrárpártéi,
die mit der Feier anläss¬
lich des 100. Jubiläums im Jahre 1923 und zwei Jahre später mit dem Transport
der sterblichen Überreste nach Lobenstein
/Úvalno
verbunden war, brachte die
erwünschten Erfolge: für einen Teil der sudetendeutschen Landesbevölkerung
wurde Hans Kudlich die Ikone des Deutschtums. In einer Reihe von Gemeinden
platzierten sie auf den „verwaisten Sockel nach der Statue von Josef
II.
einen
Pflug, eine Büste oder Statue einer Persönlichkeit, bzw. nur eine Gedenktafel oder
ein Relief.34 Die Überlagerung der ursprünglichen Funktion der Denkmäler hatte
einige Schichten, die auf der mythologischen Ebene aus der Wahrnehmung von
Hans Kudlich als den Ideenfortsetzer von Kaiser Josef
II.
im Prozess der Landes¬
emanzipation herausgegangen sind. Wir können auch über eine pragmatische
Seite sprechen: der Gemeinde blieb ein Sockel, den sie für eine weitere Besetzung
nutzte. Andererseits kann man den Abriss der Statuen von Josef
II.
auch als ein
kollektives traumatisches Erlebnis wahrnehmen, die Statue drückte nicht nur den
historischen Wert der Persönlichkeit aus, sondern spiegelte auch die Ideenwelt der
Teilnehmer der Enthüllung wider und diese zerfiel durch den Abriss. Aus der Sicht
einer mentalen Karte der Urheber der Besetzung von leeren Sockeln war Hans
Kudlich die geeignetste Ikone, zu welcher sie sich hinwenden konnten, zu einem
Verteidiger der Bauern, zum anderen Verteidiger des Deutschtums.
Der eingeführte Trend setzte sich in einer kleineren Intensität auch in den 30er
Jahren des 20. Jahrhunderts fort, als die letzten Denkmäler Kudlichs errichtet
wurden, z. B. in Südmähren, in Möderitz/
Modrice,
wo das Fest zur Enthüllung
von Kudlichs Denkmal im August 1930 stattfand, bezeichnenderweise unter der
Schirmherrschaft der lokalen Gruppe des Bundes der Landwirte. In dem Feier¬
zug fuhren allegorische Wagen wie Die Last der Robott, Eine Feste Burg ist unsere
Deutsche Landvolkpartei, oder Freiheit, die ich meine.35 Das jüngste von Kudlichs
Denkmälern wurde wahrscheinlich in der Gemeinde Ober-Sandau
/Horní Žandov
33 Der Landbote, 13.12.1923: Neu Lublitz.
34 Der Pflug, der am meisten auf den Mythos Hans Kudlich - der Bauembefreier hinweist, wurde
auf die Sockel der ursprünglichen Denkmäler gesetzt, die dem Kaiser Josef
II.
gewidmet waren,
und zwar in den Ortschaften
Liebeschitz/Liběšice
(1922), Böhmisch
Leipa/Česká Lípa
(1923),
Auscha/Ústěk
(1924) und Luditz/
Žlutíce
(1924). Die Büste der Persönlichkeit ließ man
z. B.
in
den Gemeinden Mährisch-Neustadt/Unicov (1924), Buchau/Bochov (1925),
Hruschowan/Hru¬
šovany
(1925), Lichtewerden
/Světlá Hora
(1926) und Niemes
/Mimoň
(1927) schaffen; in die¬
ser Form sollten sich die zeitgenössischen als auch die künftigen Generationen an die historische
Bedeutung der Persönlichkeit und ihre Ideen erinnern. Die Gestalt, die die Persönlichkeit in der
Jugend darstellt, d. h. in der Zeit der Revolution 1848/49, platzierte man in den öffentlichen Raum
der Gemeinden Deutsch Liebau/
Horní Libina
und Reitenberg/Rapotin.
35 Mödritz. Werden, Wirken und Vermächtnis einer deutschen Marktgemeinde in Mähren. Ortsgemein¬
schaft Mödritz 1966.
370
HANS KUDLICH
(1823-1917)
im Jahre 1935 enthüllt; der Urheber der Errichtung von diesem Monument war der
dortige Bund der deutschen Jugend. Ähnlich wie in Stiebnig/Jistebnik wurde zur
Basis des Denkmals ein Findling36, auf welchen man ein Bronzerelief der Persön¬
lichkeit setzte.
Auf den ersten Blick ist es komplizierter, die Nutzung der leer stehenden Sockel
nach den Statuen von Franz Josef
I.
zur Installation der Büste oder des Pfluges
zum Andenken an Hans Kudlich zu erklären; dieses Beispiel kennen wir für fünf
Ortschaften. Der am längsten herrschende Habsburger war für Hans Kudlich die
Verkörperung der Reaktion und der Rückständigkeit der Nachrevolutionsentwick¬
lung Österreichs, und dazu sistierte er im Jahre 1872 den Vorschlag des Wiener
Stadtrates zur Erteilung der Ehrenbürgerschaft für Hans Kudlich. Allerdings fei¬
erte man schon im Jahre 1888 vielerorts gleichzeitig das vierzigste Jubiläum der
Revolution und des Thronantritts des Kaisers, der einen bedeutenden Anteil an
deren Beseitigung hatte - das historische Gedächtnis ist offensichtlich löchrig und
will es auch wahrscheinlich sein. Die Welt der Geschichte als die Darstellung des¬
sen, was wirklich passiert ist, nimmt einen symbolischen Wert mittels einer revi-
talisierenden Reinterpretation an37, und die kann retrospektiv das verbinden, was
für die Zeitgenossen unvereinbar wäre und umgekehrt. Es funktioniert deshalb,
weil die Reinterpretation der vergangenen Zeit den Bedürfnissen der Gegenwart
unterliegt, und für die Deutschen in der
I.
Tschechoslowakischen Republik stell¬
ten auf der einen Seite der vorletzte österreichische Kaiser, auf der anderen Seite
ein Revolutionär und Verfechter des republikanischen Systems vor allem deutsche
Genossen dar.
Kudlichs Kommemoration vom Jahre 1945 bis zur Gegenwart
Kudlichs Denkmäler verschwanden nach dem
II.
Weltkrieg vom ganzen Gebiet
der Tschechoslowakei. Die meisten von ihnen wurden völlig vernichtet, von ei¬
nigen von ihnen wurden die Dedikationstafeln beseitigt und zusammen mit der
deutschen Bevölkerung verschwand auch das historische Gedächtnis, sodass in¬
nerhalb von ein paar Jahrzehnten niemand mehr von der ursprünglichen Bedeu¬
tung der verkommenen Monumente Ahnung hatte. Einige Denkmäler, wie z. B.
in Möderitz/
Modrice
und Stiebnig/Jistebnik, trugen weiterhin die symbolische
36 Ein Naturstein wurde zur Basis der neuen Denkmäler der Persönlichkeit auch in Rückersdorf/
Dolní Řasníce
(1924). Friedländer Zeitung, 26.7.1924: Rückerdorf.
37
ŠOUŠA,
J. -
ŠTAIF,
J.:
Obsahy, přesahy a kontexty české historické paměti: Symbolický život
Františka Palackého na bankovkách
[Inhalte, Übergreifen und
Kontexte
des tschechischen histo¬
rischen Gedächtnisses: Symbolisches Leben von
František Palacký
auf den Banknoten]. In:
HLA¬
VAČKA,
M.
-
MARES, A.
-
POKORNÁ,
Μ.
(eds.):
Paměť míst, událostí a osobností: historie jako
identita a manipulace
[Gedächtnis der Orte, Ereignisse und Persönlichkeiten: Geschichte als Iden¬
tität und Manipulation].
Praha
2011,
S.
621-652, hier
S.
644.
RESÜMEE 371
Botschaft der Freiheit, aber in einer veränderten Funktion als die Denkmäler der
Befreiung durch die Rote Armee. In der Bundesrepublik Deutschland blieb Kud¬
lich als symbolischer Ort des Gedächtnisses in den Köpfen der Vertriebenen, in
derer ursprünglichen Heimat er als physischer Ort des Gedächtnisses auftrat, was
einige Publikationen nachweisen.38 Professionelles Interesse zeigte Friedrich Prinz
(1928-2003) aus Tetschen/
Děčín,
der am Anfang seiner wissenschaftlichen Kar¬
riere eine Monographie über Kudlich schrieb. Er vermutete,
dass
Kudlich eine
durchaus politische Persönlichkeit war und deshalb kann man ihn in der Form
einer politischen Biographie vorstellen. Gleich an deren Anfang betonte er,
dass
die bisherige Literatur Kudlich zu einseitig als einen nationalen Kämpfer der Su¬
detendeutschen hervorhob - hier ergibt sich unserer Meinung nach die Frage, was
anderes sie auch hervorheben sollte, wenn er vor allem ein nationaler Kämpfer
war. Wie die Struktur des Buches beweist, verfolgte Prinz zwei elementare Ziele -
die Lösung der Untertanenfrage zu analysieren und daneben die Nichtlösung der
nationalen Frage (das längste Kapitel heißt Die Entwicklung der nationalen Frage,
insbesondere in Böhmen und Mähren, bis zum Jahre 1848). Er hob hervor,
dass
die Hauptidee von Kudlichs Entwurf war, so schnell wie möglich das Prinzip der
bürgerlichen Gleichheit auch auf dem Lande einzuführen. Er behauptete,
dass
die
Tschechen die Bauernfrage hinter ihre nationalen Anforderungen zurückstellten,
was vereinfacht und ungenau ist - zudem als ob die Deutschen nicht dasselbe ge¬
tan hätten. Gemäß Prinz Interpretation bedrohte nur der tschechische Nationalis¬
mus die Deutschen. Er stellte sich nicht die Frage, ob der deutsche Nationalismus
(Frankfurt) nicht die tschechische Existenz bedrohte.39
Die Gestalt von Hans Kudlich blieb den Österreichern in der Nachkriegszeit
bekannt, zumindest einem Teil der Österreicher. Die erste niederösterreichische
Bauerntagung, die am 18. März 1948 in Wien stattfand, hatte als Programmparole
1848-1948. Österreichs Bauern gedenken Hans Kudlich. Ein typisches Beispiel der
Verzerrung und Volkstümlichkeit des Vermächtnisses von Kudlich mittels einer
„revitalisierenden Reinterpretation ist eine Dreiviertelstunde andauernde Doku¬
mentation Kein Zehent keine Roboth mehr, die von dem österreichischen öffent¬
lich-rechtlichen Fernsehen ORF im Oktober 1983 gesendet wurde. Sie kritisierte
die Verhältnisse in Vormärzösterreich, vor allem die feudale Unterdrückung, die
Robot und das Zehnt. In diesem Zusammenhang führte sie als Beispiel die größten
Grundbesitztümer in Böhmen und Mähren, die Schwarzenbergs bzw. die Liech¬
tensteins, an. Der Film, ideologisch links orientiert sowohl inhaltlich als auch visu¬
ell - die Erzählung von der Revolution war nicht nur mit zeitgenössischen Bildern
38 Z.B.HÜBL.K. (Hg.): Bauerntum und Landbau der Sudetendeutschen. München 1963; ARNDT,
V:
Nachbarliches Zusammenleben: deutsch-tschechische Beziehungen im europäischen Kontext. Mag¬
deburg 1994.
39 PRINZ, F.: Hans Kudlich. Versuch einer historisch-politischen Biographie. München 1962.
372
HANS KUDLICH
(1823-1917)
untermalt, sondern auch mit Filmausschnitten aus der Studentenbewegung des
Jahres 1968. Sein Leitmotiv ist das Schicksal von Kudlichs Entwurf zur Aufhebung
der Fronarbeit und der Untertänigkeit. Die Grundinformationsquellen waren für
die Autoren Oskar Streit und Hannes Zeil die Protokolle von den Tagungen des
Reichstages und Kudlichs Memoiren, die sehr subjektiv sind. Es ist klar,
dass
eine
für die Laienöffentlichkeit bestimmte Fernsehdokumentation im Voraus gegebene
Grenzen hat, d.h. die angebotene Analyse ist immer vereinfacht, denn sie
muss
im¬
mer in einer verständlichen und „bekömmlichen Form serviert werden. Das Maß
von Vereinfachung ist in diesem Falle allerdings verblüffend. Der Zuschauer erfuhr
gar nichts über die Kompliziertheit des Untertanenbandes (d.h. nicht nur über
die Verpflichtungen der Untertanen gegenüber der Obrigkeit, sondern auch um¬
gekehrt), über die Absichten und die Taktik der deutschen Linke, die das Land zu
ihren politischen Zielen nutzen wollte. Im Gegenteil erfuhr er,
dass Kudlich
im Par¬
lament die Bauern anführte! Die ganze Verhandlung über die Untertanenfrage war
als eine Wortauseinandersetzung zwischen Kudlich und Helfert vorgestellt, was
der Wahrheit nicht entspricht. Einerseits spielte sie sich nicht in der präsentierten
Form ab, denn in dem Dialog wurden Parlamentäußerung beider Teilnehmer von
unterschiedlichen Tagen gesammelt und zwar als Reaktionen auf unterschiedliche
Vorredner, andererseits waren Kudlich und Helfert nur einige von denen, die sich
zu dem Problem äußerten. Die schwarzweiße Darstellung zwang den Zuschauer
zur Annahme der Meinung,
dass
Kudlich hundertprozentig im Recht war, wäh¬
rend Helfert nur ein zynischer konservativer Rückschrittler war. Kudlich sagt: „In
diesem Saal, Herr von Helfert, versucht das österreichische Volk, sich eine demo¬
kratische Verfassung zu verabschieden, und Sie sprechen über eine Entschädigung,
wenn draußen in den Provinzen ein Zustand herrscht, der der Leibeigenschaft äh¬
nelt? Helfert fragt ironisch, ob Kudlich für die mit der Robot verpflichteten Bau¬
ern kämpfen will. Kudlich antwortet mit „ja, wenn Sie das noch nicht bemerkten. -
Endlich
muss die
soziale Kluft fallen. In der Zukunft soll es weder Robot noch
Zehnt geben, und auch kein Platz für privilegierte Faulenzer! . Es fiel kein einzi¬
ges Wort darüber,
dass
Kudlichs Entwurf in seiner ursprünglichen Form nicht nur
kaum annehmbar war, sondern er dachte auch nicht über die Wechselseitigkeit des
Instituts der Untertänigkeit und die Unterschiede in den einzelnen Provinzen zu
Ende nach. Das war u. A. eine der Sachen, aufweiche Helfert berechtigerweise hin¬
wies. Der Laienzuschauer identifiziert sich also zufrieden mit dem „positiven Hel¬
den Kudlich, worin er noch bestätigt wird, indem behauptet wird,
dass
Österreich
mit Kudlichs Gesetz in die Reihe der westlichen Industriestaaten trat. Sicher kann
man die positiven Aspekte von Kudlichs Wirkung im Jahre 1848 hervorheben, aber
es sollte so gemacht werden,
dass
es mehr der Realität entspricht. In der Dokumen¬
tation, die für den österreichischen Zuschauer bestimmt war und in der Zeit ihrer
Entstehung nicht hinter den Eisernen Vorhang kommen konnte, fiel kein einziges
RESÜMEE 373
Wort über die nationalen Auseinandersetzungen im Jahre 1848 (schon damals war
Kudlich antitschechisch und antislawisch gestimmt) und dasselbe gilt auch über
die spätere Rolle von Kudlich als einen kompromisslosen nationalen Hetzer40. Das
Grundproblem dieser Dokumentation ist ihre Unausgewogenheit.
Die österreichische Gesellschaft Ökosoziales Forum41 erteilt seit dem Jahr 1968
alljährlich einen Preis, der den Namen des „Bauernbefreiers trägt. Der Preis wird
für besondere Verdienste im Bereich der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbe¬
dingungen der Menschen, die in der Land- und Forstwirtschaft arbeiten und weiter
für die harmonische Eingliederung dieses Sektors in die allgemeine Entwicklung.
Ökosoziales Forum ist sehr mit der einflussreichen Österreichischen Volkspartei
und ihrer Interessenorganisation, dem Österreichischen Bauernverband, untrenn¬
barverbunden. In einer von Publikationen des Ökosozialen Forums aus dem Jahre
1998 verbinden zwei bedeutende Funktionäre der ÖVP, Rudolf Schwarzböck und
Josef Riegler, mit Kudlichs Namen die Vision der richtigen Entwicklung der öster¬
reichischen Landwirtschaft, die die Aufforderungen bewältigen kann, die mit der
Familienbauernhöfe und bestehende Sozialstandards bedrohenden Globalisierung
verbunden ist. Die Abhängigkeit der Bauern, gegen die Kudlich kämpfte, erscheint
nach deren Meinung wieder neu in der Form des globalisierten Marktes.42
In den letzten vierzehn Jahren wurden in Österreich einige Kudlichs Denkmäler
enthüllt - im Jahre 1998 in den Gemeinden Sankt Marienkirchen bei Schärding in
Oberösterreich und Gurk in
Kärnten,
im Jahre 2000 in Poysdorf nicht weit von der
mährischen Grenze und im Jahre 2001 in Krastowitz in
Kärnten.
Diese Komme-
moration ist mit dem Interesse einiger österreichischen politischen Gruppierun¬
gen verbunden, was der Artikel des damaligen Kärnter Hauptmanns Jörg Haider
Was würde er heute tun in der Broschüre Bauernbefreier Hans Kudlich beweist.43
Haider begann mit populistischen Wörtern,
dass
wenn Hans Kudlich noch heute
leben würde, würde er eine neue Befreiung der Bauern erlassen. Haider meinte
damit die Befreiung vom bürokratischen System der Europäischen Gemeinschaft:
Die Erweiterung der EG um neue Länder verursacht den westeuropäischen Bau¬
ern große Probleme. Was würde Kudlich heute nicht unterstützen? Z. B. die vor¬
zeitige Erweiterung der EG nach Osten oder Genmanipulation. Was würde er
40 Es ist offensichtlich,
dass
Kudlichs Kommemoration in Österreich keine nationale Konnotation -
im Unterschied zum tschechischen und sudetendeutschen Milieu, an Kudlichs ausgeprägtes
Deutschtum wird überhaupt nicht erinnert. Die Differenz zwischen österreichischem und tsche¬
chischem Milieu besteht auch darin,
dass
in der Tschechischen Republik keine politische Partei
die Interessen des Landes und des
Agrarsektors
vertritt, was unter anderem durch den Verbot der
Agrárpártéi
im Jahre 1945 verursacht ist.
41 Ihr ursprünglicher Name war Österreichische Gesellschaft für Land- und Forstwirtschaftspolitik.
42 Ökosoziales Forum Österreich. Der Auftrag Hans Kudlichs für morgen. 8. Internationales Sym¬
posion. 9. Novemberl998. Wien 1998, S. 6-10 und 76-80.
43 Bauernbefreier Hans Kudlich. S. d., s. 1., S. 7-12.
374
HANS KUDLICH
(1823-1917)
unterstützen? Die Renationalisierung der Landwirtschaft, die Verbesserung der
sozialrechtlichen Stellung der Bauernschaft oder die Nutzung der Bioenergie...
In der gleichen Zeit erschien Kudlichs Kommemoration auch wieder auf dem
Gebiet der böhmischen Länder, was der Fall des kommunistischen Regimes er¬
möglichte. Diese Kommemoration war selbstverständlich nicht so intensiv wie
in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts oder in den 20er Jahren des 20. Jahr¬
hunderts und im Grunde kann man sie in zwei Richtungen einteilen. Die erste
Richtung stellt den österreichischen und deutschen „Import dar, der vor allem
mit dem Österreichischen Bauernverband und politischen Gruppierungen ÖVP
und FPÖ verbunden ist, bzw. mit den Urneffen Hans Kudlichs Jörg Kudlich und
Walter Kudlich. Der Letzterwähnte stand bei der Entstehung des Freundeskreises
Bauernbefreier HANS KUDLICH e.V. Dieser Verein setzte sich zum Ziel, das An¬
denken Hans Kudlichs zu erhalten und zwar vor allem durch die Sanierung und
Wartung der Kudlich Denkmäler. Im Jahre 1998 wurde dank der Finanzmittel aus
Österreich Kudlichs Geburtshaus in Lobenstein /
Úvalno
saniert, die größten Sum¬
men (jeweils 100 000 Schilling) spendeten das Bundesland Oberösterreich und der
Österreichische Bauernverband mit dem Parlamentklub ÖVP. Zwei Jahre später
wurde auch der Aussichtsturm von Hans Kudlich bei der Gemeinde
Úvalno
sa¬
niert; hinter der Sanierung stehen die Gemeinde mit der Finanzunterstützung vom
Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond, der Regierung der Tschechischen Repub¬
lik, dem Stiftungsfond Hans Kudlichs, der Landesregierung
Kärnten,
der Landes¬
regierung Niederösterreich, dem Freundeskreis des Bauernbefreiers Hans Kudlich
e.V. und von weiteren Spendern aus Österreich, Deutschland und den USA. Die
importierte Kommemoration Kudlichs ist in unseren Augen nicht primär aus der
nationalen Sicht problematisch (letztendlich, im Prozess der Bildung des vereinten
Europas sollten lokale nationale Auseinandersetzungen an Bedeutung verlieren),
sondern vom Aspekt der historischen Realität - die Bemühungen, Kudlichs nati¬
onale Prägung zu schwächen, aus ihm ein übernationales Symbol der demokrati¬
schen Gesinnung und Toleranz zu machen44, bedeutet aus der Sicht eines Histo¬
rikers eine absurde Verleugnung der historischen Realität. Wenn wir der Illusion
verfallen,
dass
politische Reden das Denken der Redner wortgetreu widerspiegeln,
dann werden wir wohl über die Äußerung von Bernd Posselt staunen (damals der
Vorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft), die in einer Publikation
erschien, die anlässlich der Eröffnung des sanierten Aussichtsturmes bei
Úvalno
herausgegeben wurde und zwar,
dass Hans
Kudlich das Herz aller Nationen ge¬
wann.45 Kudlich war ein Sohn seiner Zeit; der Zeit, in welcher der Nationalismus
fast alle Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Zisleithanien ohne Rücksicht
44 Ebenda, S. 21.
45 Ebenda, S. 38.
RESÜMEE 375
auf die Nationalität beherrschte, diejenigen mit „blauem Blut lassen wir beiseite.
Die Autoren dieses Buches wollen Kudlich nicht verurteilen und wollen auch nicht
die damaligen tschechischen politischen Vertreter sakralisieren. Sie sind sich der
Tatsache bewusst,
dass
jede Nation sich selbst idealisiert und Zeichen von Auto¬
stereotypen und Heterostereotypen aufweist - für Kudlichs Zeit galt es wohl viel
intensiver als für heute. Trotz all der „auf eigene Reihen gerichteten Kritik und Be¬
mühungen um objektive Bewertung „der Anderen können wir uns auf Grund de¬
taillierter Kenntnis von Kudlichs Ansichten, Kudlich nicht als Symbol der Toleranz
vorstellen, weder im sozialen, noch im religiösen und nicht einmal im nationalen
Sinne des Wortes. Wenn man Kudlichs Gesinnung in sozialer Hinsicht als demo¬
kratisch bezeichnen kann, gilt das nicht in nationaler Hinsicht, denn alle Rechte
standen seiner Meinung nach in Zisleithanien nur dem deutschen Ethnikon und
der deutschen Kultur zu.
Den Vertretern von Lobenstein
/Úvalno passte
unserer Meinung nach die Aus¬
landsinitiative. Außer des natürlichen Stolzes der dortigen Patrioten auf einen der
zwei bekanntesten Landsmänner (der zweite war der Maler Josef Kinzel) war noch
ein Grund da - und zwar die verkommene Kudlichwarte, nach dem Jahre 1945 um¬
benannt in Freiheitsaussichtsturm, die nach der Sanierung zu einer touristischen
Attraktion wurde. Die Gemeinde musste sich auch um die Sicherheit der Bau küm¬
mern. Die Gemeinde wurde berühmt und wahrscheinlich hoben sich dadurch die
Einnahmen in die Kasse. Im Jahre 1998, also zwei Jahre vor der Sanierung des Aus¬
sichtsturmes, wurde im Kudlichs Geburtshaus in
Úvalno
ein Gedenksaal errich¬
tet, und zwar aus österreichischen Geldmittel im Auftrag vom Österreichischen
Hans-Kudlich-Komitee. Kudlichs Kommemoration auf den Informationstafeln ist
in zwei Aspekten ungenügend und in einem nicht wahr. Sie stellt die Kompliziert¬
heit des Untertanenbandes nicht einmal, das auch dank Kudlichs Entwurfs aufge¬
hoben wurde und das ein Konglomerat von gegenseitigen Rechten und Pflichten
war (obwohl mehr Rechte logischerweise die Obrigkeit gegenüber den Untertanen
hatte), d.h. es bildete das soziale System. Sie meidet auch nationale Fragen, also re¬
präsentiert Kudlichs Ansichten gegenüber den Tschechen nicht, die problematisch
sind und wahrscheinlich problematischer als die tschechische Reflexion von Kud¬
lich. Im Widerspruch mit den erhaltenen Archivquellen werden die Umstände von
Kudlichs Wahl zum Reichstagsabgeordneten folgendermaßen geschildert: „Im
Juli 1848 wurde er im Wahlbezirk
Český Benešov
[sic!] mit
den Stimmen der tsche¬
chischen Bauern, deren Kandidat aus dem Bauernstand vor der entscheidenden
Wahl zurücktrat, in den Reichstag gewählt . Die auf diese Art formulierte These
weckt die Überzeugung,
dass
der Deutsche Kudlich von den Tschechen gewählt
wurde, die seine Bauernherkunft bevorzugten. In der Wirklichkeit trat der tsche¬
chische Kandidat in der entscheidenden dritten Wahlrunde nicht zurück und im
Vergleich mit der zweiten Runde bekam er nur um 11 Stimmen weniger, konkret
376
HANS KUDLICH
(1823-1917)
16. „Tschechische Stimmen, von welchen es (beurteilt auf Grund der Ergebnisse
dieses einzigen Kandidaten in der ersten und zweiten Runde) insgesamt 27 oder
28 von 100 gab, brauchte Kudlich zur Wahl in der dritten Runde überhaupt nicht.
Die zweite Richtung der Kommemoration, in ihrer Häufigkeit allerdings viel
schwächer, stellt die Erneuerung der Kudlich-Denkmäler durch Einheimische, die
so an das Gedächtnis der Orte anknüpfen wollen, aus welchen vor Jahren die deut¬
sche Bevölkerung weggehen musste. So ein Fall spielte sich in der Gemeinde Ober-
Sandau/Žandov
bei Eger/Cheb ab, wo eine Privatperson auf ihrem Grundstück
ein entferntes Denkmal fand und in Zusammenarbeit mit der Gemeinde in dessen
Erneuerung und Platzierung im öffentlichen Raum investierte.46
Wie sich aus dem Text ergab, ist Hans Kudlich ein typisches Beispiel des nati¬
onal gespaltenen Gedächtnisses - für eine Nationalität (zumindest für einen Teil
ihrer Angehörigen) stellte er einen Ort der Akzeptanz, für die andere nur einen
Ort der Verurteilung oder zumindest der Ignoranz dar. Kudlich wäre sicherlich
mit dem Standpunkt des Wiener sozialdemokratischen Journalisten Robert Scheu
einverstanden, der nach dem Besuch von Budweis(im Sommer 1918 über das Fak¬
tum staunte,
dass
für die Angehörigen des kleinen Volks kein Glück ist,
dass
sie
an der deutschen Kulturgemeinschaft partizipieren dürfen. Gerade das Gefühl der
Überordnung der deutschen Kulturgemeinschaft hervorgehend aus ihrer Zivilisa¬
tionsüberlegenheit im mitteleuropäischen Raum war wahrscheinlich die Grund¬
konstante, die Hans Kudlich von seinem Gymnasialstudium in Troppau /
Opava
bis letzte Jahre im weiten Hoboken begleitete.
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117.html
(3.1.2012).
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