Istorik i ego mif: Iogann Aventin (1477 - 1534) = Aventinus und sein Mythos
Gespeichert in:
1. Verfasser: | |
---|---|
Format: | Buch |
Sprache: | Russian |
Veröffentlicht: |
Moskva
ROSSPĖN
2007
|
Schlagworte: | |
Online-Zugang: | Inhaltsverzeichnis Abstract |
Beschreibung: | In kyrill. Schr., russ. - Zsfassung in dt. Sprache |
Beschreibung: | 254 S. Ill. |
ISBN: | 9785824308495 |
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Введение
Глава
РЕЦЕПЦИЯ НАСЛЕДИЯ АВЕНТИНА в
Глава П. ИСТОРИК И ЕГО ВРЕМЯ
Глава Ш. ИСТОРИК И ЕГО МЕТОД
История в системе наук
Ad
Хроники предков
(Воз)рождая древность
Наследие «темных веков»
Как и для чего пишет историю Авентин
Историк и общество
Всемирная хроника
Немецкий язык
Stílusét
Глава
Корни германского этноса и баварского племени
Германия: от истоков к великой миссии
Германцы и Рим
Священная Римская империя германской нации
Турецкая угроза
Враги империи и германской нации
Germania:
О власти и ее предназначении
Глава
Эволюция религиозных воззрений Авентина
Авентин о религии древних германцев
Друиды
К истокам веры
Критика церкви
Лютер, Реформация, Крестьянская война
Заключение
Избранные издания сочинений Иоганна Авентина....
Избранная библиография
Приложение
Иоганн Авентин. Баварская хроника. Введение (перевод с ранненововерхне-
немецкого)
Приложение
Миф и национальная история в культуре Возрождения в Германии
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung...............................................................................................................7
I.
JAHRHUNDERT........................................................................27
II.
Ш.
Geschichte im Wissenschaftssystem..............................................93
Ad
Chroniken der Urväter...................................................................99
Wieder (geburt) der Antike..........................................................103
Das Erbe der
Wie und wofür schreibt man Geschichte.....................................112
Der Historiker und die Gesellschaft............................................121
Weltchronik..................................................................................123
Deutsche Sprache.........................................................................125
Stilus
IV.
Aventins Geschichtskonzept........................................................136
Wurzeln des germanischen Ethnos und des bayerischen Stammes......145
Deutschland: von den Ursprüngen zur seiner historischen Mission.....148
Die Germanen und Rom..............................................................154
Heiliges Römisches Reich Teutscher Nation...............................157
Germania: «Goldenes Zeitalter»..................................................162
Über Macht und ihre Berufung....................................................166
V.
Aventins Religionsvorstellungen.................................................173
Aventin zum Glauben der alten Germanen..................................175
Druiden........................................................................................180
Zu den Ursprüngen des Glauben.................................................183
Kritik der Kirche..........................................................................185
Luther, Reformation und Bauernkrieg.........................................194
Schlussfolgerung...............................................................................................205
Anhang:
Ausgewählte Schriften des Johannes Aventinus.............................................213
Ausgewählte Bibliographie..............................................................................214
Johannes Aventinus. Baierische Chronik Einleitung. Übersetzung.............229
Andrej Doronin. Mythos und nationale Geschichte
in der Renaissancekultur Deutschlands (Aufsatz).........................................236
Zusammenfassung
Wenngleich Überlegungen zu einer bereits im 16. Jahrhundert entstehenden
deutschen nationalen Historiographie zweifelhaft klingen, so ergab die Analyse
der Arbeiten Aventins dennoch,
und in der Fachliteratur bestritten) einer historischen Methode und eines logisch
aufgebauten, bei Überprüfung jedoch widersprüchlichen gedanklichen Systems
über die Vergangenheit Deutschlands vorhanden ist. Der Abensberger entwickelte
seine Methode, der das humanistische ad
umfassende und allgemeine Interpretation der Geschichte anstrebt, im Zuge
seiner Arbeit an den Armales ducum Boiariae (1517-1521) und nahm später keine
prinzipiellen Änderungen mehr daran vor. Sie waren das Ergebnis seiner
vorausgegangenen geistigen Suche und seiner Lebenserfahrung. Die Studien an
den anerkanntesten europäischen Universitäten
langjährige Freundschaft mit dem berühmten Konrad
zu den intellektuellen Größen der Zeit, die Tätigkeit als Erzieher der Prinzen am
Hofe der Witteisbacher und schließlich die schaffensreichen Jahre als offizieller
Chronist des Fürstentums.
Als erster im deutschsprachigen Raum und als einer der ersten in der europäischen
Tradition reflektierte der Bayer über eine historische Methode und unternahm
Versuche, wenngleich noch etwas unsicher, diese theoretisch zu begründen. Obwohl
er seineHauptthesennichtimDetailausfuhrteundsienichteinmal zusammenhängend
darstellte, lassen sie sich ohne Mühe aus den Annales und der «Bäuerischen Chronik»
herauslesen und bilden in Kürze dargestellt das folgende in sich geschlossene,
folgerichtige Gedanken- und Regelsystem. Geschichte ist eine Wissenschaft,
vergleichbar eines optischen Spiegels; ihre Methode ist—hinsichtlich Objektivität
und Genauigkeit—der Mathematik verwandt; die Aufgabe der Geschichte besteht
in der Beobachtung und der Beschreibung des Vergangenen übereinstimmend mit
«ihren Gewohnheiten», das heißt sich stützend auf die Quellen, was Aventin genauer
zu formulieren versucht. Das Streben, ein Maximum von Quellen zu sammeln, sie
in der Originalsprache zu lesen, sie kritisch, einer bestimmten Hierarchie folgend,
zusammenzustellen und dabei der «Meinung der Mehrheit» den Vorzug zu geben,
sie mit eigenen Beobachtungen und Folgerungen zu ergänzen und anschließend
kollegial die Ergebnisse der Arbeit zu besprechen — das sind die Prinzipien, von
denen er sich leiten lässt.
Während er diese Methode entwickelt, der Geschichte die Züge einer
selbständigen wissenschaftlichen Disziplin zuweist und erste Schritte in diese
Richtung unternimmt, schafft der Chronist zugleich eine eigene urgermanische
Mythologie, die sich sowohl biblischer und antiker Helden, Figuren aus dem
Pseudo-Berosus und deutscher Überlieferungen sowie realer Personen der
Vergangenheit bedient. Ihr Sinn besteht darin, einen Ursprungsmythos zu schaffen,
mit dem die Auserwähltheit deutscher Tradition aber auch die Nachfolge des
Römischen Reiches für sich beansprucht werden kann. Das translatio
studii
Griechen über die Römer an die Deutschen, sondern auch als historische und
kulturelle Mission. Aventin gibt dieser Idee einen national gefärbten Ton und
verleiht ihr gleichzeitig einen humanistischen Klang. Er wird damit der Begründer
einer «autochthonen» Linie in der im Entstehen begriffenen, deutschen nationalen
Geschichtsschreibung.
Der Schlüssel zum Konzept Aventins ist,
carminae den Rang von
252
zugesteht.1 Diese Grundannahme erlaubt dem Renaissanceautor die Idee
über den eigenen Weg der Deutschen und ihre Verwandtschaft mit den alten
Griechen weiter zu entwickeln. Dabei ignoriert er demonstrativ die lateinische
Tradition, die er sowohl mit dem alten Rom, seinem Sittenverfall und dem
zwangsläufigen Untergang assoziiert, als auch mit dem finsteren Mittelalter,
personifiziert im Mönch als Bewahrer (dem Bayer eher als Zerstörer) der
lateinischen Kultur und schließlich dem Papsttum als größtes Hindernis für das
Erblühen der deutschen Nation und eines von ihr geführten Imperiums. Selbst das
tief in der Kultur der Deutschen verwurzelte Christentum betrachtet er nicht als
Ergebnis des römisch-lateinischen Einflusses, sondern als natürliche Entwicklung
eines eigenen Glaubensweges von der Anbetung
zum Katholizismus, die möglich war dank der Vermittlung durch die Druiden.
Diese waren nach der Konzeption des Humanisten die Träger einer ursprünglichen
deutschen Kultur und Schriftlichkeit und symbolisierten die Zugehörigkeit der
Deutschen zu den auserwahlten Völkern. Aventins Gedankengebäude sollte dazu
dienen, die Gottgefälligkeit der deutschen Nation und seine besondere Mission zu
untermauern. Nach der Prophezeiung Daniels war diese die Rettung des vierten
und letzten Reichs auf Erden und damit die Rettung der Menschheit insgesamt.
Das verbindende Element in der deutschen Geschichte sieht Aventin im
Ethnos als Träger nicht nur des kulturellen, sondern auch des staatlichen Anfangs.
Indem er die ursprüngliche Einheit der deutschen Völker postuliert, kann er die
Kluft zwischen den vorzeitlichen, äußerst mystisch beschriebenen, und den
zeitgenössischen Völkern überbrücken. Damit überwindet er (eher umgeht,
verschweigt und erklärt auf unerwartete Weise) viele der Widersprüche und
Lücken seiner Konzeption.
Dieses ebenso scheinbar folgerichtige wie mühsam konstruierte Gebäude
einer tausendjährigen deutschen Existenz findet im Heiligen Römischen Reich
deutscher Nation seine Vollendung, musste aber mit Leben gefüllt werden.
Aventin, gefangen im mittelalterlichen Universalismus, hegt—nach dem Vorbild
der Antike — den Traum vom «Goldenen Zeitalter» eines weltumspannenden
Christentums unter Führung der Deutschen. Diese Utopie, die sich an der von ihm
mythologisierten idealen Vergangenheit orientiert, ist erfüllt von Gottesehrfurcht
und verleiht ihr höheren Sinn. Den Weg zu ihr fuhren nicht die religiösen Dogmen,
sondern Moral und die Beachtung göttlicher, das heißt naturgegebener Regeln.
Die Evolution der Religion betrachtet der Bayer als eine ausnahmslos allen
Völkern eigene, natürliche Entwicklung, dessen Grundlage im sich
komplizierenden Verständnis des einen göttlichen Anfangs liegt, wobei er den
Qualitätssprung vom Glauben an mehrere zum Glauben an nur einen Gott nicht
berücksichtigt. Der Humanist macht keinen Unterschied zwischen natürlichen
und gottgegebenen moralischen Normen. Deshalb stellt sein Ideal der
menschlichen Gemeinschaft eine Synthese der Wohltätigkeit der alten Germanen
(gelobt von
Renaissance als Ideal angenommenen Christentums und den Beispielen hoher
Moral antiker Gesellschaften wie der griechischen
Republik dar.
Ausgehend vom mittelalterlichen Glaubensimperativ im Namen und zur
Rettung der Seele, ordnet Aventin die Notwendigkeit einer moralischen
Selbstvervollkommnung des Einzelnen der Schaffung eines ewigen Imperiums
aller Christen, das für ihn im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation seine
Verwirklichung finden sollte, unter. In Anbetracht dessen verliert die Grundfrage
der Historiographie zu Aventin, nämlich die Frage inwieweit er dem
1
253
Protestantismus zugeneigt war, seine Grundlage. Der Kern der religiös-ethischen
Didaktik des Chronisten lautet: Keine neue Kirche und keinesfalls ihre Spaltung,
denn dann zerbräche ihre Gesamtheit und ihre Tradition, sondern eine einzige
reine Kirche, in der «sogar ein Türke» ein guter Christ werden könne, wenn er nur
den naturgegebenen Geboten anhänge. Aus der Sicht des 20. Jahrhunderts war er
somit überkonfessionell. Die Idee der deutschen Nation, die — auf irgendeine
Weise von Gott bevollmächtigt—die Führung über die Welt übernimmt, steht für
ihn höher als religiöse Meinungsverschiedenheiten oder die Herkunft der
Untertanen.
Als Regulativ des gesellschaftlichen Lebens und des Staates sieht der
Humanist die Moral und das Allgemeinwohl. In diesem Punkt geht er nicht über
die in seiner Zeit üblichen, auf der Bibel beruhenden, mittelalterlichen
Vorstellungen hinaus. Demnach sind diejenigen, denen es anvertraut ist zu
regieren, verantwortlich für ihre Untergebenen, sie müssen nach für allen
geltenden moralischen Gesetzen leben und das Allgemeinwohl und die Ordnung
als Ziel verfolgen.
Aventin kommt unweigerlich in Konflikt mit der Macht. Allerdings nicht
unmittelbar mit den Instituten der Macht, sondern ihren konkreten Trägern, die er
schuldig spricht am Zusammenbruch des Imperiums, der Spaltung der Gesellschaft,
dem Niedergang des Glaubens und der Wohltätigkeit. Im Ton ähnelt seine Anklage
denen Luthers oder Huttens, spürbar ist in ihr die Intonation der Flugblätter der
Bauernkriege. Indem er als Alternative einen idealen, bei näherer Überprüfung
utopischen Gesellschaftsentwurf präsentiert, tröstet er sich mit der Illusion, von den
Fürsten erhört zu werden. Sein moralischer «Spiegel» zeigte jedoch Abbilder, dessen
die Macht nicht bedurfte, wie das spätere Schicksal seiner Werke letztlich bewies.
Zurückgewiesen wandte Aventin sich mit seiner Arbeit an die breiten Massen und
blieb dort
Der Humanist suchte—in der Tradition Ciceros die Geschichte als Lehrmeister
betrachtend — Vorbilder nicht nur in der biblischen Vorzeit oder in den
Hochkulturen der Antike, sondern in erster Linie in den eigenen deutschen
Traditionen. Deshalb sind die zentralen Figuren seiner historischen Handlungen
in den «Annales ducum Boiariae» und der «Bäuerischen Chronik» Karl der Grosse
(nach Aventin ein Deutscher bayerischer Herkunft) und Ludwig der Bayer. Nach
Meinung des Abensbergers begründeten sie die Wiedergeburt und den
Wiederaufstieg der ursprünglichen, eigenen deutschen Tradition, die der
italienischen in nichts nachstand. Eben in der vertrauten karolingischen
Wiedergeburt findet der Humanist der Renaissance die Vorbilder für Reformen,
für die seiner Meinung nach im 1.6. Jahrhundert die Zeit reif ist. Dazu gehören die
Rückkehr zu den alten Schriften und den Quellen des Glaubens, die Sammlung
und Kodifizierung von Volksepen als Zeugnisse der Auserwähltheit, die Pflege
der deutschen Sprache und anderes.
Natürlich ist die Idee von der deutschen Wiedergeburt, wie entsprechende
Vorstellungen über die französische, polnische, ungarische oder andere national-
kulturelle Wiedergeburten, ein Mythos der humanistischen Historiographie. Ihr
liegt die in der Renaissance verbreitete Vorstellung über die Diskontinuität der
Menschheitsgeschichte zugrunde: Hochkultur der Antike — finsteres Mittelalter
— kultureller Neuanfang. Wer aber folgt den antiken Traditionen? Als durch die
Schriften Petrarcas und anderer die Nachfolge der römischen Kultur neben Italien
auch von anderen beansprucht wurde, erlangte der Streit über das translatio
imperii et studii
zur Zerstörung des mittelalterlichen Universums. Nicht mehr nur ein Baum,
dessen Krone das Heilige Römische Reich darstellt, symbolisiert nun die Einheit
der Menschheit in der Alten Welt. Nun schlagen andere Bäume Wurzeln, entwerfen
254
ihre eigenen Mythologien, entstehen selbständige Nationen: Germania, Gallia,
Polonia,
In dieser Hinsicht ist die historische Konzeption Aventins ein Produkt des
reifen Humanismus. Nicht ganz frei von der mittelalterlichen, universalistischen
Weltsicht und gleichzeitig in Auseinandersetzung mit ihr, sind in ihr die Konturen
einer neuen Epoche und die entstehenden Bedürfnisse einer «neuen» Gesellschaft
in der Periode der Nationenwerdung erkennbar. Aventins Konzeption kennzeichnet
deshalb ein starker Nationalismus, der einen antipäpstlichen, antifranzösischen,
antiosmanischen Ton hat und sich gleichzeitig gegen jeden Partikularismus
richtet. Die Nationenwerdung ist unmittelbar von der verstärkten Suche nach den
eigenen, bei Aventin autochthonen, und der strikten Ablehnung anderer, fremder
Traditionen und Wurzel begleitet. Vor diesem Hintergrund entsteht auch der
nationale Mythos, dessen die sich formierende Nation bedarf.
Nationales Bewusstsein nimmt seinen Anfang meist im Mythos. Er ist nicht
nur unumgänglich, sondern „ein berechtigter Ausgangspunkt der nationalen
Geschichtsschreibung. Seine Überwindung stellt einen wichtigen Markstein auf
dem Weg zur Geschichte als Wissenschaft dar, wozu in der Renaissance die ersten
Schritte erfolgten.
Das Spezifische des Mythenschaffens in der Epoche der Renaissance besteht
darin,
nistische, konstruierte Methode zur Überwindung des Mythos vorschlagen, des¬
sen Grundlage der Bezug auf die Ursprungsquellen (ad
entfernt sich der Abensberger nicht von ihr und schreibt, indem er sie auf die
mythologisierte deutsche Vergangenheit anwendet, eine zeitgenössische Ge¬
schichte, in der er sich wie vor ihm keiner in Deutschland2 streng an die gewählte
Methode hält.
die ^ ______ ,_, _ _._^_._ w
Bild des Vergangenen, führte zum Überdenken der Ausgangspositionen für
Interpretationen, zeigte den Kern des «nationalen Humanismus» und — mehr
noch — machte die Quellen der Nationenwerdung in Europa spürbar.
Zusammenfassend lässt sich feststellen,
Maße sowohl eigenständig und originell als auch typisch für den deutschen
Humanismus war. Der Abensberger, der in seinen Arbeiten die wichtigsten Ideen
seiner Zeit aufnahm und nach wie vor den Ruf eines bedeutenden deutschen
Historikers des beginnenden 16. Jahrhunderts genießt, verband in seiner
Weltanschauung die aufklärerischen Ansätze von
dessen Kosmopolitismus, den die deutschen Humanisten insgesamt wenig
schätzten) mit den romantischen national-patriotischen Stimmungen von
und den für die Zeit typischen Ideen der religiösen Erneuerung.
Das Lebenswerk, die «Annales ducum Boiariae», begann der Bayer in einer
Epoche und beendete sie in einer anderen Epoche. In dieser rückte die
humanistische Beschäftigung mit der Gesellschaft an die zweite Stelle und die
Reformation mit ihren konfessionellen und politischen Auseinandersetzen nahm
den ersten Platz ein. Aventins Idee von der Erbauung eines Staates aller Deutschen
traf nicht mehr auf das Verständnis seiner Gönner und Landesherren, den Herzögen
der Witteisbacher; seine harsche Kritik an der Kirche rief beim Klerus heftigste
Ablehnung hervor. In der Folge fand sich der Chronist abseits vom Hof, die
Publikation seiner Werke wurde verboten. Ungeachtet dieser bitteren
Enttäuschungen der letzten Lebensjahre blieb Aventin seinen humanistischen
Idealen treu und standhaft in seinen Überzeugungen.
2 von Wegele, F.
Humanismus. München und Leipzig, 1885, S. 271.
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ОГЛАВЛЕНИЕ
Введение
Глава
РЕЦЕПЦИЯ НАСЛЕДИЯ АВЕНТИНА в
Глава П. ИСТОРИК И ЕГО ВРЕМЯ
Глава Ш. ИСТОРИК И ЕГО МЕТОД
История в системе наук
Ad
Хроники предков
(Воз)рождая древность
Наследие «темных веков»
Как и для чего пишет историю Авентин
Историк и общество
Всемирная хроника
Немецкий язык
Stílusét
Глава
Корни германского этноса и баварского племени
Германия: от истоков к великой миссии
Германцы и Рим
Священная Римская империя германской нации
Турецкая угроза
Враги империи и германской нации
Germania:
О власти и ее предназначении
Глава
Эволюция религиозных воззрений Авентина
Авентин о религии древних германцев
Друиды
К истокам веры
Критика церкви
Лютер, Реформация, Крестьянская война
Заключение
Избранные издания сочинений Иоганна Авентина.
Избранная библиография
Приложение
Иоганн Авентин. Баварская хроника. Введение (перевод с ранненововерхне-
немецкого)
Приложение
Миф и национальная история в культуре Возрождения в Германии
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung.7
I.
JAHRHUNDERT.27
II.
Ш.
Geschichte im Wissenschaftssystem.93
Ad
Chroniken der Urväter.99
Wieder (geburt) der Antike.103
Das Erbe der
Wie und wofür schreibt man Geschichte.112
Der Historiker und die Gesellschaft.121
Weltchronik.123
Deutsche Sprache.125
Stilus
IV.
Aventins Geschichtskonzept.136
Wurzeln des germanischen Ethnos und des bayerischen Stammes.145
Deutschland: von den Ursprüngen zur seiner historischen Mission.148
Die Germanen und Rom.154
Heiliges Römisches Reich Teutscher Nation.157
Germania: «Goldenes Zeitalter».162
Über Macht und ihre Berufung.166
V.
Aventins Religionsvorstellungen.173
Aventin zum Glauben der alten Germanen.175
Druiden.180
Zu den Ursprüngen des Glauben.183
Kritik der Kirche.185
Luther, Reformation und Bauernkrieg.194
Schlussfolgerung.205
Anhang:
Ausgewählte Schriften des Johannes Aventinus.213
Ausgewählte Bibliographie.214
Johannes Aventinus. Baierische Chronik Einleitung. Übersetzung.229
Andrej Doronin. Mythos und nationale Geschichte
in der Renaissancekultur Deutschlands (Aufsatz).236
Zusammenfassung
Wenngleich Überlegungen zu einer bereits im 16. Jahrhundert entstehenden
deutschen nationalen Historiographie zweifelhaft klingen, so ergab die Analyse
der Arbeiten Aventins dennoch,
und in der Fachliteratur bestritten) einer historischen Methode und eines logisch
aufgebauten, bei Überprüfung jedoch widersprüchlichen gedanklichen Systems
über die Vergangenheit Deutschlands vorhanden ist. Der Abensberger entwickelte
seine Methode, der das humanistische ad
umfassende und allgemeine Interpretation der Geschichte anstrebt, im Zuge
seiner Arbeit an den Armales ducum Boiariae (1517-1521) und nahm später keine
prinzipiellen Änderungen mehr daran vor. Sie waren das Ergebnis seiner
vorausgegangenen geistigen Suche und seiner Lebenserfahrung. Die Studien an
den anerkanntesten europäischen Universitäten
langjährige Freundschaft mit dem berühmten Konrad
zu den intellektuellen Größen der Zeit, die Tätigkeit als Erzieher der Prinzen am
Hofe der Witteisbacher und schließlich die schaffensreichen Jahre als offizieller
Chronist des Fürstentums.
Als erster im deutschsprachigen Raum und als einer der ersten in der europäischen
Tradition reflektierte der Bayer über eine historische Methode und unternahm
Versuche, wenngleich noch etwas unsicher, diese theoretisch zu begründen. Obwohl
er seineHauptthesennichtimDetailausfuhrteundsienichteinmal zusammenhängend
darstellte, lassen sie sich ohne Mühe aus den Annales und der «Bäuerischen Chronik»
herauslesen und bilden in Kürze dargestellt das folgende in sich geschlossene,
folgerichtige Gedanken- und Regelsystem. Geschichte ist eine Wissenschaft,
vergleichbar eines optischen Spiegels; ihre Methode ist—hinsichtlich Objektivität
und Genauigkeit—der Mathematik verwandt; die Aufgabe der Geschichte besteht
in der Beobachtung und der Beschreibung des Vergangenen übereinstimmend mit
«ihren Gewohnheiten», das heißt sich stützend auf die Quellen, was Aventin genauer
zu formulieren versucht. Das Streben, ein Maximum von Quellen zu sammeln, sie
in der Originalsprache zu lesen, sie kritisch, einer bestimmten Hierarchie folgend,
zusammenzustellen und dabei der «Meinung der Mehrheit» den Vorzug zu geben,
sie mit eigenen Beobachtungen und Folgerungen zu ergänzen und anschließend
kollegial die Ergebnisse der Arbeit zu besprechen — das sind die Prinzipien, von
denen er sich leiten lässt.
Während er diese Methode entwickelt, der Geschichte die Züge einer
selbständigen wissenschaftlichen Disziplin zuweist und erste Schritte in diese
Richtung unternimmt, schafft der Chronist zugleich eine eigene urgermanische
Mythologie, die sich sowohl biblischer und antiker Helden, Figuren aus dem
Pseudo-Berosus und deutscher Überlieferungen sowie realer Personen der
Vergangenheit bedient. Ihr Sinn besteht darin, einen Ursprungsmythos zu schaffen,
mit dem die Auserwähltheit deutscher Tradition aber auch die Nachfolge des
Römischen Reiches für sich beansprucht werden kann. Das translatio
studii
Griechen über die Römer an die Deutschen, sondern auch als historische und
kulturelle Mission. Aventin gibt dieser Idee einen national gefärbten Ton und
verleiht ihr gleichzeitig einen humanistischen Klang. Er wird damit der Begründer
einer «autochthonen» Linie in der im Entstehen begriffenen, deutschen nationalen
Geschichtsschreibung.
Der Schlüssel zum Konzept Aventins ist,
carminae den Rang von
252
zugesteht.1 Diese Grundannahme erlaubt dem Renaissanceautor die Idee
über den eigenen Weg der Deutschen und ihre Verwandtschaft mit den alten
Griechen weiter zu entwickeln. Dabei ignoriert er demonstrativ die lateinische
Tradition, die er sowohl mit dem alten Rom, seinem Sittenverfall und dem
zwangsläufigen Untergang assoziiert, als auch mit dem finsteren Mittelalter,
personifiziert im Mönch als Bewahrer (dem Bayer eher als Zerstörer) der
lateinischen Kultur und schließlich dem Papsttum als größtes Hindernis für das
Erblühen der deutschen Nation und eines von ihr geführten Imperiums. Selbst das
tief in der Kultur der Deutschen verwurzelte Christentum betrachtet er nicht als
Ergebnis des römisch-lateinischen Einflusses, sondern als natürliche Entwicklung
eines eigenen Glaubensweges von der Anbetung
zum Katholizismus, die möglich war dank der Vermittlung durch die Druiden.
Diese waren nach der Konzeption des Humanisten die Träger einer ursprünglichen
deutschen Kultur und Schriftlichkeit und symbolisierten die Zugehörigkeit der
Deutschen zu den auserwahlten Völkern. Aventins Gedankengebäude sollte dazu
dienen, die Gottgefälligkeit der deutschen Nation und seine besondere Mission zu
untermauern. Nach der Prophezeiung Daniels war diese die Rettung des vierten
und letzten Reichs auf Erden und damit die Rettung der Menschheit insgesamt.
Das verbindende Element in der deutschen Geschichte sieht Aventin im
Ethnos als Träger nicht nur des kulturellen, sondern auch des staatlichen Anfangs.
Indem er die ursprüngliche Einheit der deutschen Völker postuliert, kann er die
Kluft zwischen den vorzeitlichen, äußerst mystisch beschriebenen, und den
zeitgenössischen Völkern überbrücken. Damit überwindet er (eher umgeht,
verschweigt und erklärt auf unerwartete Weise) viele der Widersprüche und
Lücken seiner Konzeption.
Dieses ebenso scheinbar folgerichtige wie mühsam konstruierte Gebäude
einer tausendjährigen deutschen Existenz findet im Heiligen Römischen Reich
deutscher Nation seine Vollendung, musste aber mit Leben gefüllt werden.
Aventin, gefangen im mittelalterlichen Universalismus, hegt—nach dem Vorbild
der Antike — den Traum vom «Goldenen Zeitalter» eines weltumspannenden
Christentums unter Führung der Deutschen. Diese Utopie, die sich an der von ihm
mythologisierten idealen Vergangenheit orientiert, ist erfüllt von Gottesehrfurcht
und verleiht ihr höheren Sinn. Den Weg zu ihr fuhren nicht die religiösen Dogmen,
sondern Moral und die Beachtung göttlicher, das heißt naturgegebener Regeln.
Die Evolution der Religion betrachtet der Bayer als eine ausnahmslos allen
Völkern eigene, natürliche Entwicklung, dessen Grundlage im sich
komplizierenden Verständnis des einen göttlichen Anfangs liegt, wobei er den
Qualitätssprung vom Glauben an mehrere zum Glauben an nur einen Gott nicht
berücksichtigt. Der Humanist macht keinen Unterschied zwischen natürlichen
und gottgegebenen moralischen Normen. Deshalb stellt sein Ideal der
menschlichen Gemeinschaft eine Synthese der Wohltätigkeit der alten Germanen
(gelobt von
Renaissance als Ideal angenommenen Christentums und den Beispielen hoher
Moral antiker Gesellschaften wie der griechischen
Republik dar.
Ausgehend vom mittelalterlichen Glaubensimperativ im Namen und zur
Rettung der Seele, ordnet Aventin die Notwendigkeit einer moralischen
Selbstvervollkommnung des Einzelnen der Schaffung eines ewigen Imperiums
aller Christen, das für ihn im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation seine
Verwirklichung finden sollte, unter. In Anbetracht dessen verliert die Grundfrage
der Historiographie zu Aventin, nämlich die Frage inwieweit er dem
1
253
Protestantismus zugeneigt war, seine Grundlage. Der Kern der religiös-ethischen
Didaktik des Chronisten lautet: Keine neue Kirche und keinesfalls ihre Spaltung,
denn dann zerbräche ihre Gesamtheit und ihre Tradition, sondern eine einzige
reine Kirche, in der «sogar ein Türke» ein guter Christ werden könne, wenn er nur
den naturgegebenen Geboten anhänge. Aus der Sicht des 20. Jahrhunderts war er
somit überkonfessionell. Die Idee der deutschen Nation, die — auf irgendeine
Weise von Gott bevollmächtigt—die Führung über die Welt übernimmt, steht für
ihn höher als religiöse Meinungsverschiedenheiten oder die Herkunft der
Untertanen.
Als Regulativ des gesellschaftlichen Lebens und des Staates sieht der
Humanist die Moral und das Allgemeinwohl. In diesem Punkt geht er nicht über
die in seiner Zeit üblichen, auf der Bibel beruhenden, mittelalterlichen
Vorstellungen hinaus. Demnach sind diejenigen, denen es anvertraut ist zu
regieren, verantwortlich für ihre Untergebenen, sie müssen nach für allen
geltenden moralischen Gesetzen leben und das Allgemeinwohl und die Ordnung
als Ziel verfolgen.
Aventin kommt unweigerlich in Konflikt mit der Macht. Allerdings nicht
unmittelbar mit den Instituten der Macht, sondern ihren konkreten Trägern, die er
schuldig spricht am Zusammenbruch des Imperiums, der Spaltung der Gesellschaft,
dem Niedergang des Glaubens und der Wohltätigkeit. Im Ton ähnelt seine Anklage
denen Luthers oder Huttens, spürbar ist in ihr die Intonation der Flugblätter der
Bauernkriege. Indem er als Alternative einen idealen, bei näherer Überprüfung
utopischen Gesellschaftsentwurf präsentiert, tröstet er sich mit der Illusion, von den
Fürsten erhört zu werden. Sein moralischer «Spiegel» zeigte jedoch Abbilder, dessen
die Macht nicht bedurfte, wie das spätere Schicksal seiner Werke letztlich bewies.
Zurückgewiesen wandte Aventin sich mit seiner Arbeit an die breiten Massen und
blieb dort
Der Humanist suchte—in der Tradition Ciceros die Geschichte als Lehrmeister
betrachtend — Vorbilder nicht nur in der biblischen Vorzeit oder in den
Hochkulturen der Antike, sondern in erster Linie in den eigenen deutschen
Traditionen. Deshalb sind die zentralen Figuren seiner historischen Handlungen
in den «Annales ducum Boiariae» und der «Bäuerischen Chronik» Karl der Grosse
(nach Aventin ein Deutscher bayerischer Herkunft) und Ludwig der Bayer. Nach
Meinung des Abensbergers begründeten sie die Wiedergeburt und den
Wiederaufstieg der ursprünglichen, eigenen deutschen Tradition, die der
italienischen in nichts nachstand. Eben in der vertrauten karolingischen
Wiedergeburt findet der Humanist der Renaissance die Vorbilder für Reformen,
für die seiner Meinung nach im 1.6. Jahrhundert die Zeit reif ist. Dazu gehören die
Rückkehr zu den alten Schriften und den Quellen des Glaubens, die Sammlung
und Kodifizierung von Volksepen als Zeugnisse der Auserwähltheit, die Pflege
der deutschen Sprache und anderes.
Natürlich ist die Idee von der deutschen Wiedergeburt, wie entsprechende
Vorstellungen über die französische, polnische, ungarische oder andere national-
kulturelle Wiedergeburten, ein Mythos der humanistischen Historiographie. Ihr
liegt die in der Renaissance verbreitete Vorstellung über die Diskontinuität der
Menschheitsgeschichte zugrunde: Hochkultur der Antike — finsteres Mittelalter
— kultureller Neuanfang. Wer aber folgt den antiken Traditionen? Als durch die
Schriften Petrarcas und anderer die Nachfolge der römischen Kultur neben Italien
auch von anderen beansprucht wurde, erlangte der Streit über das translatio
imperii et studii
zur Zerstörung des mittelalterlichen Universums. Nicht mehr nur ein Baum,
dessen Krone das Heilige Römische Reich darstellt, symbolisiert nun die Einheit
der Menschheit in der Alten Welt. Nun schlagen andere Bäume Wurzeln, entwerfen
254
ihre eigenen Mythologien, entstehen selbständige Nationen: Germania, Gallia,
Polonia,
In dieser Hinsicht ist die historische Konzeption Aventins ein Produkt des
reifen Humanismus. Nicht ganz frei von der mittelalterlichen, universalistischen
Weltsicht und gleichzeitig in Auseinandersetzung mit ihr, sind in ihr die Konturen
einer neuen Epoche und die entstehenden Bedürfnisse einer «neuen» Gesellschaft
in der Periode der Nationenwerdung erkennbar. Aventins Konzeption kennzeichnet
deshalb ein starker Nationalismus, der einen antipäpstlichen, antifranzösischen,
antiosmanischen Ton hat und sich gleichzeitig gegen jeden Partikularismus
richtet. Die Nationenwerdung ist unmittelbar von der verstärkten Suche nach den
eigenen, bei Aventin autochthonen, und der strikten Ablehnung anderer, fremder
Traditionen und Wurzel begleitet. Vor diesem Hintergrund entsteht auch der
nationale Mythos, dessen die sich formierende Nation bedarf.
Nationales Bewusstsein nimmt seinen Anfang meist im Mythos. Er ist nicht
nur unumgänglich, sondern „ein berechtigter Ausgangspunkt der nationalen
Geschichtsschreibung. Seine Überwindung stellt einen wichtigen Markstein auf
dem Weg zur Geschichte als Wissenschaft dar, wozu in der Renaissance die ersten
Schritte erfolgten.
Das Spezifische des Mythenschaffens in der Epoche der Renaissance besteht
darin,
nistische, konstruierte Methode zur Überwindung des Mythos vorschlagen, des¬
sen Grundlage der Bezug auf die Ursprungsquellen (ad
entfernt sich der Abensberger nicht von ihr und schreibt, indem er sie auf die
mythologisierte deutsche Vergangenheit anwendet, eine zeitgenössische Ge¬
schichte, in der er sich wie vor ihm keiner in Deutschland2 streng an die gewählte
Methode hält.
die ^ _ ,_, _ _._^_._ w
Bild des" Vergangenen, führte zum Überdenken der Ausgangspositionen für
Interpretationen, zeigte den Kern des «nationalen Humanismus» und — mehr
noch — machte die Quellen der Nationenwerdung in Europa spürbar.
Zusammenfassend lässt sich feststellen,
Maße sowohl eigenständig und originell als auch typisch für den deutschen
Humanismus war. Der Abensberger, der in seinen Arbeiten die wichtigsten Ideen
seiner Zeit aufnahm und nach wie vor den Ruf eines bedeutenden deutschen
Historikers des beginnenden 16. Jahrhunderts genießt, verband in seiner
Weltanschauung die aufklärerischen Ansätze von
dessen Kosmopolitismus, den die deutschen Humanisten insgesamt wenig
schätzten) mit den romantischen national-patriotischen Stimmungen von
und den für die Zeit typischen Ideen der religiösen Erneuerung.
Das Lebenswerk, die «Annales ducum Boiariae», begann der Bayer in einer
Epoche und beendete sie in einer anderen Epoche. In dieser rückte die
humanistische Beschäftigung mit der Gesellschaft an die zweite Stelle und die
Reformation mit ihren konfessionellen und politischen Auseinandersetzen nahm
den ersten Platz ein. Aventins Idee von der Erbauung eines Staates aller Deutschen
traf nicht mehr auf das Verständnis seiner Gönner und Landesherren, den Herzögen
der Witteisbacher; seine harsche Kritik an der Kirche rief beim Klerus heftigste
Ablehnung hervor. In der Folge fand sich der Chronist abseits vom Hof, die
Publikation seiner Werke wurde verboten. Ungeachtet dieser bitteren
Enttäuschungen der letzten Lebensjahre blieb Aventin seinen humanistischen
Idealen treu und standhaft in seinen Überzeugungen.
2 von Wegele, F.
Humanismus. München und Leipzig, 1885, S. 271. |
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