Fahrt ins Staublose: die Gedichte der Nelly Sachs
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| Format: | Buch |
| Sprache: | German |
| Veröffentlicht: |
Frankfurt am Main
Suhrkamp
1966
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| adam_text | IN DEN WOHNUNGEN DES TODES
DEIN LEIB IM RAUCH DURCH DIE LUFT
О
die Schornsteine auf den sinnreich erdachten
Wohnungen des Todes......................... 8
An euch, die das neue Haus bauen..................... 9
О
der weinenden Kinder Nacht........................ 10
Wer aber leerte den Sand aus euren Schuhen............. 11
Auch der Greise letzten Atemzug, der schon den Tod anblies 12
Ein totes Kind spricht............................... 13
Einer war, der blies den Schofar....................... 14
Hände der Todesgärtner.............................
is,
Sdì
on
vom Arm des himmlischen Trostes umfangen....... 16
Weiche geheimen Wünsche des Blutes.................. 17
Lange haben wir das Lauschen verlernt................. 18
Ihr Zuschauenden.................................. 20
Lange schon fielen die Schatten........................ 21
GEBETE FÜR DEN TOTEN BRÄUTIGAM
Die Kerze, die ich für dich entzündet habe................ 23
Nacht, mein Augentrost du........................... 24
Vielleicht aber braucht Gott die Sehnsucht............... 25
Auch dir, du mein Geliebter.......................... 26
Du gedenkst der Fußspur, die sich mit Tod füllte.......... 27
Qual, Zeitmesser eines fremden Sterns.................. 28
Ich sah eine Stelle, wo ein Herd stand.................. 29
Im Morgengrauen, wenn ein Vogel das Erwachen übt...... 30
Wenn ich nur wüßte................................ 31
Deine Augen,
о
du mein Geliebter..................... 32
GRABSCIIRIFTEN IN DIE LUFT
G
ES
C H R
Г Г. В Г.
N
Der Hausierer..................................... 34
Die
Markthändícrin
................................ 35
Der Spinozaforschcr
................................ 36
Die Tänzerin...................................... 37
Der Narr......................................... 38
Die Schwachsinnige................................. 39
Der Ruhelose...................................... 40
Der Marionettenspieler.............................. 41
Die Malerin....................................... 42
Die Abenteurerin.................................. 43
Der Steinsammler.................................. 44
Die Ertrunkene.................................... 45
Die alles Vergessende............................... 46
CHÖRE NACH DER MITTERNACHT
Chor der verlassenen Dinge.......................... 48
Chor der Geretteten................................ 50
Chor der Wandernden.............................. 52
Chor der Waisen................................... 54
Chor der Toten....................·................ 56
Chor der Schatten.................................. 57
Chor der Steine.................................... 58
Chor der Sterne.................................... 60
Chor der unsichtbaren Dinge......................... 62
Chor der Wolken.................................. 63
Chor der Bäume................................... 64
Chor der Tröster................................... 65
Chor der Ungeborenen.............................. 67
Stimme des Heiligen Landes.......................... 68
STE
RNVERDUNKE
LUNG
UND REISSEND IST DIE ZEIT
Wenn wie Rauch der Schlaf einzieht.................... 72
Engel der Bittenden................................. 74
Nacht, Nacht...................................... 76
Auf daß die Verfolgten nicht Verfolger werden........... 77
О
du weinendes Herz der Welt........................ 79
Erde, alle Saiten deines Todes haben sie angezogen........ 80
О
ihr Tiere....................................... 82
Golem Tod ....................................... 84
Geschirmt sind die Liebenden......................... 86
DIE MUSCHEL SAUST
Abraham......................................... 88
Jakob............................................ 90
Wenn die Propheten einbrächen....................... 92
Hiob
............................................ 95
Daniel, Daniel
..................................... 96
Aber deine Brunnen sind deine Tagebücher.............. 98
Warum die schwarze Antwort des Hasses............... 100
Sinai ............................................ 102
David ........................................... 104
Saul
.............................................
αο6
Israel, namenloser einst............................. 107
ÜBERLEBENDE
Geheime Grabschrift................................ 109
Zahlen...........................................
по
Greise ........................................... 111
Verwelkt ist der Abschied auf Erden................... 112
Welt, frage nicht die Todentrissenen................... 114
Wir sind so wund.................................. 115
Auf den Landstraßen der Erde........................ 116
О
die heimatlosen Farben des Abendhimmels............ 117
Wir Mütter.......................................
Ί18
Immer dort wo Kinder sterben ........................ 120
Trauernde Mutter.................................. 122
Abschied ......................................... 124
LAND ISRAEL
Land Israel ....................................... 126
Nun hat Abraham die Wurzel der Winde gefaßt.......... 128
Ans dem Wüstensand holst du deine Wohnstatt wieder heim 129
Frauen und Mädchen Israels.......................... 130
Über den wiegenden Häuptern der Mütter............... 132
Die ihr in den Wüsten.............................. 133
IM GEHEIMNIS
О
meine Mutter................................... 135
Dm sitzt am Fenster................................. 136
Wenn der Tag leer wird............................. 137
Am Abend weitet sich dein Blick...................... 138
Aber in der Nacht.................................. 139
Woliin
о
wohin.................................... 140
Chassidische
Schriften............................... 141
Zuweilen wie Flammen.............................. 143
Wie Nebelwesen................................... 144
Engel auf den
Urge
fűden............................
145
Wer weiß, welche magischen Handlungen............... 146
Schmetterling ..................................... 148
Musik in den Ohren der Sterbenden.................... 149
ZUR >STERNVERDUNKELUNG< GEHÖRIG
Im Lande Israel.................................... 1
ţi
Völker der Erde.................................... 152
Wenn im Vorsommer der Mond geheime Zeichen aussendet . .
Ί53
Wir üben heute schon den Tod von morgen.............. 154
UND NIEMAND
WEISS
WEITER
VON FLÜCHTLINGEN UND FLUCHT
Da du unter dem Fuß dir............................. 157
Wurzeln schlagen die verlassenen Dinge................ 158
Das ist der Flüchtlinge Planetenstunde.................. 160
Einen Akkord spielen Ebbe und Flut................... 161
Gebogen durch Jahrtausende......................... 162
UND NIEMAND
WEISS
WEITER
Auswanderer-Schritte Pulsreise-Schritte................. 166
Was suchst du Waise................................ i6j
Wer weiß, wo die Sterne stelin........................ 169
Erde, Planetengreis................................. 171
In einer Landschaft aus Musik........................ 172
Ein schwarzer Jochanaan............................. 173
Aus der Maske des Schlafes.......................... 174
Eine Windschleppe mit den Atemzügen der Toten......... 175
Ein Licht über dem See.............................. 176
Als der Blitz das Gebäude des Glaubens entzündete........ 177
Kain!
um dich wälzen wir uns im Marterbett............. 178
Hier und da ist die Laterne der Barmherzigkeit........... 180
In der blauen Ferne................................ 181
Erwachen — Vogelstimmen........................... 182
Und wir, die ziehen................................. 183
Sind Gräber Atempause für die Sehnsucht............... 184
Hindurchsterben wie der Vogel die Luft................. 185
Bereit sind alle Länder aufzustehn..................... 186
Hier unten aufgestellt............................... 187
Haar, mein Haar................................... 188
MELUSINE
Wenn nicht dein Brunnen, Melusine................... 190
Vergessenheit! Haut, daraus Neugeborenes gewickelt wird . . 191
Verwunschen ist alles zur Hälfte...................... 192
Immer hinter den Rändern der Welt.................... 194
In der Morgendämmerung........................... 196
FLÜGEL DER
PROPHETIE
Chassidim tanzen.................................. 198
Nicht nur Land ist Israel............................. 199
Später Erstling .................................... 200
Dieses Land ein Kern................................ 201
Abraham der Engel................................. 202
Immer noch Mitternacht auf diesem Stern............... 204
Daniel mit der Sternenzeichnung...................... 205
Mutterwasser Sintflut............................... 206
GEHEIMNIS BRACH AUS DEM GEHEIMNIS
SOHAR: SCHÖPFUNGSKAPITEL
Da schrieb der Schreiber des Sohar..................... 209
Und wickelt aus, als wärens Linnentücher................ 210
Und klopfte mit dem Hammer seines Herzens............ 211
Und Metatron, der höchste aller Engel.................. 212
Und aus der dunklen Glut ward Jakob angeschlagen....... 213
DIE STUNDE ZU ENDOR
Die Stunde zu Endor . ,.............................. 215
Landschaft aus Schreien.............................. 221
UNTERCÄNGE
Mit Wildhonig die Hinterbliebenen.................... 225
Nachdem du aufbrachst.............................. 226
Was stieg aus deines Leibes weißen Blättern.............. 227
Wieviele Meere im Sande verlaufen.................... 229
Nur im Schlaf haben Sterne Herzen.................... 230
Wie aber, wenn Eines schon liier...................... 231
Alles weißt du unendlich nun......................... 232
Dornengekrönt .................................... 234
О
Schwester wo zeltest du............................ 235
IN OHNMACHT HINTERM AUGENLID
Hinterm Augenlid blaue Adern....................... 238
Welcher Stoff, welcher Nebel.......................... 239
Das wirft die Nabelschnur............................ 241
In zweideutiger Berufung............................ 243
Im blauen Kristall.................................. 244
Und der Penpunkt der Ewigkeit....................... 245
Ich habe dich wiedergesehen.......................... 246
Hier — wo ich scheiterte im Salz....................... 247
Salzige Zungen aus Meer............................ 248
Von Nacht gesteinigt............................... 249
FLUCHT UND VERWANDLUNG
Wer zuletzt hier stirbt.............................. 253
Dies ist der dunkle Atem............................ 254
Wie leicht wird Erde sein............................ 256
Jäger mein Sternbild................................ 258
So weit ins Freie gebettet............................ 259
Heilige Minute erfüllt vom Abschied................... 260
In der Flucht welch großer Empfang.................... 262
Tänzerin bräutlich.................................. 263
Kind Kind im Orkan des Abschieds.................... 265
Zwischen deinen Augenbrauen........................ 267
Sieh doch sieh doch................................. 268
Aber vielleicht haben wir vor Irrtum Rauchende.......... 269
Im Alter der Leib wird umwickelt...................... 271
Uneinnehmbar ist eure nur aus Segen errichtete Festung .... 272
David
envahit
..................................... 274
Einer wird den Ball................................. 276
Mischung dieser Mutter.............................. 278
Gerettet fällt vieles................................. 279
So ist s gesagt..................................... 280
Vertriebene aus Wohnungen......................... 282
Kleiner Frieden in der durchsichtigen Stunde............. 284
Hier ist kein Bleiben länger........................... 286
Mutter Meerzeit geblüh.............................. 287
Und überall der Mensch in der Sonne................... 288
Lange sichelte Jakob................................ 290
Hallclujii bei der Geburt eines Felsens..................
29г
Schon reden knisternde farbige Bänder.................. 294
Schlaf webt das Atemnetz........................... 296
Es springt dieses Jahrhundert......................... 297
Wie viele ertrunkene Zeiten.......................... 298
Kommt einer von ferne.............................. 300
Weiter weiter durch das Rauchbild..................... 302
Ohne Kompaß Taumelkelch im Meer................... 303
Weit fort von den Kirchhöfen........................ 305
Wo nur sollen wir hinter den Nebeln................... 306
Linie wie lebendiges Haar............................ 308
Der Schlafwandler kreisend auf seinem Stern............ 309
Weiße Schlange Polarkreis........................... 310
Welche Finsternisse hinterm Augenlid.................. 311
Wenn der Atem die Hütte der Nacht errichtet hat.......... 312
Wie viele Heimatländer............................. 313
Ende aber nur in einem Zimmer....................... 314
Tod Meergesang spülend um meinen Leib............... 315
Schon mit der Mähne des Haares...................... 316
Inmitten der Leidensstation.......................... 317
Ach daß man so wenig begreift........................ 318
Hinter den Lippen Unsagbares........................ 319
Alle landmessenden Tinger........................... 320
Angeängstigt mit dem Einhorn....................... 321
Abgewandt warte ich auf dich........................ 322
Eine Garbe Blitze.................................. 323
Und immer die Wahrsager des Himmels................ 324
Erlöste aus Schlaf.................................. 326
So rann ich aus dem Wort............................ 327
FAHRT INS STAUBLOSE
Wer von der Erde kommt............................ 331
Du in der Nacht.................................... 333
Mund saugend am Tod.........................·..... 334
Vergebens verbrennen die Briefe...................... 335
Der Schwan....................................... 337
Ich weiß nicht mehr wo Vögel singen................... 338
Auf dem Markt.................................... 339
Der Umriß........................................ 340
In diesem Amethyst................................ 342
NOCH FEIERT TOD DAS LEBEN
Der versteinerte Engel.............................. 345
Vor meinem Fenster................................ 346
Wunder der Begegnungen........................... 347
Hinter der Tür ,.................................... 348
Diese Schneeblume gestützt am Stab................... 349
Eine Schöpfungsminute im Auge des Baalschem.......... 350
Seiir leise im Kreislauf.............................. 352
Auf der äußersten Spitze der Landzunge................ 353
Niemand unter den Z.uschauenden..................... 354
Im eingefrorenen Zeitalter der Anden.................. 355
Noch feiert der Tod das Leben........................ 357
Wortlos spielt sie mit einem Aquamarin ................ 358
Anders gelegt die Adern............................. 359
Rückgängig gemacht ist die Verlobung der............... 360
Im Park Spazierengehen............................. 361
Aber unter dem lilätterdach.......................... 362
Und die blindgewordenen Leiber...................... 363
Zeit der Verpuppung................................ 364
Die beiden Allen................................... 365
Wer ruft? die eigene Stimme.......................... 366
Sie tanzt — aber mit einem schweren Gewicht............ 367
In ihren Schlaf ¡eibern............................... 368
Die Urkunde vor mir aufgeschlagen.................... 369
Und wundertätig ist der Geist der Luft.................. 370
Soviel Samcnkiirncr lichtbewurzelt .................... 371
Schon will äußerstes auswundern ...................... 372
Aber die Sonnenblume.............................. 373
Da um die Ecke.................................... 374
Szene aus dem Spiel >Nachtwache< ..................... 375
Rückwärts über alle neunzig Jahre hinweg............... 376
Eine Negerin lugt — Nachtgeleucht —................... 377
Hängend am Strauch der Verzweiflung................. 378
Was tut ihr mir.................................... 379
Grabschrift........................................ 380
Überall Jerusalem .................................. 381
Ich kenne nicht den Raum............................ 382
Die gekrümmte Linie des Leidens .... ................. 383
Nacht der Nächte.................................... 384
Diese Kette von Rätseln............................. 385
So einsam ist der Mensch............................ 386
Nelly Sachs, die
große jüdische
Dichterin deutscher Sprache,
lebt heute, siebzigjährig, in
Stockholm. Von ihrem Leben
weiß man wenig: sie ist im Jahre
1891 in Berlin geboren. Ihre
frühen Werke sind verschollen,
im Dunkel der Hitler-Zeiten
verlorengegangen. Kurz vor Aus¬
bruch des Krieges gelang ihr die
Flucht nach Schweden. Die greise
Selma Lagerlöf
war ihre Für¬
sprecherin; ein Mitglied des
schwedischen Königshauses hat
sich für sie eingesetzt; die Nobel¬
stiftung hat ihr geholfen; ein
schwedischer Literaturpreis war
die erste Ehrung, die sie erfuhr.
Das ganze Werk der
Nelly
Sachs
ist eine >Fahrt ins Staublose<.
Aber diese Fahrt beginnt bei uns
selber, dem >Staub, der das Licht
verdeckt<; sie beginnt >In den
Wohnungen des Todes<. So heißt
das erste Buch der Dichterin.
Es spricht
vonden
Konzentrations¬
lagern; seine Grabschriften sind
>in die Luft geschrieben< wie der
Rauch, in den sich der Leib der
Opfer verwandelt hat. Den
Henkern, den Mitwissern und
Helfershelfern wird nicht ver¬
ziehen und nicht gedroht. Das
Werk enthält kein Wort des Has¬
ses ; es ist ein Werk der Rettung,
und das heißt, der Erinnerung;
der Erinnerung nicht nur an die
Vergangenheit, sondern auch an
die Zukunft. Es gibt aber keine
Erinnerung ohne Sprache. Die
Sprache der
Nelly
Sachs wurzelt
in den Büchern der Propheten, in
den Psalmen, der
Thora,
den
Legenden derChassidim. Aber sie
reicht auch weit in die Zukunft
hinein. Schwebend im Uralten
erhält sie sich jung. Daß sie nach
beiden Seiten weit in die Zeit,
die vergangene unddiezukünftige,
reicht, das macht sie wahrhaft
gegenwärtig. In immer neuen
Verwandlungen wächst sie und
strahlt, bis ihre Themen zuletzt
als Gleichnis dessen erscheinen,
wovon die ganze Schöpfung
spricht.
Von den sechs Teilen dieses
poetischen Gesamtwerkes sind
zwei, die jüngsten, neu und bisher
nicht veröffentlicht: die Zyklen
>Fahrt ins Staublose< und >Noch
feiert Tod das Lebern. Sie sind,
mit den Worten von Kurt
Pin thus,
»der letzte Ausklang deutscher
Sprache in jener dreitausend¬
jährigen Ahnenreihe, die mit den
Psalmisten
und Propheten
begann«.
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