Richard Wolin
mini|Richard Wolin Richard Wolin (* 9. Februar 1952 in Chicago) ist ein US-amerikanischer Philosophiehistoriker, der über die europäische Philosophie des 20. Jhs. schreibt, insbesondere über Martin Heidegger und die Frankfurter Schule.Wolin graduierte zum B.A. am Reed College und zum M.A. sowie zum Ph.D. in Toronto an der York University. Er arbeitete am Reed College und an der Rice University in Houston. Seit 2000 ist er Distinguished Professor für Geschichte und Politikwissenschaften in New York City am CUNY Graduate Center. Er hatte einen Lehrauftrag an der Universität Peking.
Er geht den Wurzeln heutiger Auffassungen in den faschistischen Ideen nach und darüber hinaus im 19. Jahrhundert. Er spricht auch von linken Faschisten.
In ''The Wind from East'' (2010) geht Wolin der Wirkung des Maoismus in Frankreich ab 1965 nach. Wolin sieht eher innerfranzösische Motive für die Studentenproteste des Jahres 1968 wie das Streben nach kultureller Modernisierung gegen den politischen Paternalismus unter Charles de Gaulle und die abnehmende Faszination des sowjetischen Modells. Wolin widmet Jean-Paul Sartre, Michel Foucault und den Machern der Zeitschrift „Tel Quel“ um Philippe Sollers und Julia Kristeva jeweils ein Kapitel. Ein Exkurs gilt Alain Badiou und seiner andauernden Befürwortung maoistischer Doktrinen. Durch die Hilfe Sartres und Foucaults vor allem in den Jahren 1970–1972 wurde die maoistische Bewegung zeitweilig einflussreich, doch für die meist jüdischen Mitglieder führte das Münchner Olympia-Attentat 1972, die chinesische Lin-Biao-Affäre, das äußerst kritische Buch „''Les Habits Neufs du Président Mao''“ des belgischen Sinologen Pierre Ryckmans alias Simon Leys in eine Abkehr vom Vorbild. Die Veröffentlichung des Archipels GULAG 1974 beendete die Episode, weil die Besinnung auf die Menschenrechte durchschlug. Wolin weist „68“ die Funktion einer Fundamentalliberalisierung der französischen Gesellschaft zu.
In „Vernunftkritik nach den Schwarzen Heften“ (2016) ordnet Wolin ''Heidegger'' in die europäische Vernunftkritik von ''Schelling'' bis ''Nietzsche'' ein und zeigt, „dass Heideggers gesamter vernunftkritischer Ansatz und seine verstörenden antisemitischen Bekundungen eng verknüpft sind“. Ihm fehle eine Möglichkeit zur Intersubjektivität. Wolin zieht eine Linie zu (post-)strukturalistischen Ansätzen: ''Derrida'' baue mit seiner Philosophie der Dekonstruktion auf Heidegger auf und wolle eben wie dieser „die Tyrannei der Vernunft“ auflösen. ''Foucault'' schrieb, die Lektüre von ''Heideggers'' Humanismusbrief habe sein „ganzes philosophisches Werden“ bestimmt. Foucaults Auflösung von Subjektivität in ‚Machtwissen‘ führe aber auf den Widerspruch, dass auch kein Subjekt des Widerstandes mehr denkbar wäre. Die Existenz gesellschaftlicher Akteure wird so zusammen mit der von Subjekten für unmöglich erklärt. Wolin folgt ''Ernst Cassirer'', es sei ''Heideggers'' Bestreben gewesen, „die Menschheit wieder der Ohnmacht und Knechtschaft des Mythos anheimzugeben.“ Dieser Kulturpessimismus, „der fatalistische Kern der heideggerschen Lehre vom ‚Seinsgeschick‘“, habe sich im Strukturalismus fortgesetzt. Veröffentlicht in Wikipedia
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