Heinz Erhardt
Von 1928 bis 1938 arbeitete Erhardt in Riga in der Kunst- und Musikalienhandlung des Großvaters Paul Neldner und verkaufte dort Klaviere und Blockflöten. In Riga trat er auch mit selbst komponierten und komischen, häufig aus dem Stegreif herrührenden Texten, Liedern, Witzen, gestenreich untermalten Einfällen und Gedichten in den Kaffeehäusern der Stadt auf. 1937 trug er eigene Lieder in den Programmen der Reichssender Königsberg und Danzig vor. 1938 holte Willi Schaeffers Heinz Erhardt nach Berlin an das Kabarett der Komiker.Im Zweiten Weltkrieg wurde Erhardt 1941 zum Kriegsdienst einberufen. Bei zwei Musterungen war er durchgefallen, bei der dritten kam er – als Nichtschwimmer und Brillenträger – nach Stralsund zur Kriegsmarine, die für ihr Orchester einen Klavierspieler suchte. In der Folgezeit war er an verschiedenen Orten in der Truppenbetreuung tätig.
Nach dem Krieg ließ sich Erhardt mit seiner Familie in Hamburg nieder. Er arbeitete als Radiomoderator beim NWDR. Seine erste bekannte Sendung hieß ''So was Dummes''. Ab 1946 schrieb Erhardt auch die ''Glosse der Woche'' für diesen Sender. ''Der bunte Abend'' des NWDR wurde ebenfalls regelmäßig von Erhardt bestritten. Der Sender nahm 1948 auch den Komponisten Erhardt mit seiner ''10-Pfennig-Oper'' ins Programm. 1947 und 1948 reiste er durch alle drei westlichen Besatzungszonen und wirkte im Südwestfunk in der Reihe ''Hörerlieblinge'' sowie im Bayerischen Rundfunk im ''Kabarett am Wochenend'' mit. Durch diese Radiosendungen, die zu den wenigen Unterhaltungsgelegenheiten jener Zeit in Deutschland zählten, wurde Erhardt als ''singender NWDR-Komiker'' weithin bekannt. Er begnügte sich jedoch nicht nur mit Hörfunkaktivitäten, sondern kehrte auch auf die Bühne zurück, wo er als Alleinunterhalter durch die westlichen Besatzungszonen und die spätere Bundesrepublik Deutschland tourte. Außerdem wirkte er als Theaterschauspieler. Seine Theaterpremiere hatte er 1946 in Hamburg mit dem Stück ''Frauen haben das gerne''. Die Eintrittspreise waren bescheiden; zu den Vorstellungen mussten die Besucher Kohlen zum Heizen mitbringen; zum Teil wurde statt mit Geld mit Naturalien bezahlt.
Ab Weihnachten 1946 wohnte Erhardt mit seiner Familie in Hamburg-Blankenese. Nachdem sich Erhardt in einer Rundfunksendung über seinen Vermieter lustig gemacht hatte, kam es mit diesem zu einem Prozess. Erhardt verlor den Prozess und musste 5.000 Reichsmark Strafe zahlen, die allerdings aufgrund der Währungsreform nichts mehr wert waren. Danach siedelten die Erhardts innerhalb Hamburgs nach Wellingsbüttel um.
In den 1940er und 1950er Jahren erfreuten sich Bühnen-Galas in Form von ''bunten Nachmittagen'' und ''bunten Abenden'' großer Beliebtheit im Land. Hierbei wirkte Erhardt in Programmen mit, die von Hans Hasslach, dem früheren Gastspieldirektor von La Jana in Hamburg und Umgebung veranstaltet wurden. Seine Darbietungen waren humoristische Episoden, die häufig von ihm selbst am Klavier musikalisch untermalt wurden. Auch trat er bei solchen Veranstaltungen als Conférencier auf.
Große Erfolge feierte er ab 1957 im Kino als Hauptfigur in Filmkomödien wie ''Der müde Theodor'', ''Witwer mit fünf Töchtern'', ''Der Haustyrann'', ''Immer die Radfahrer'', ''Natürlich die Autofahrer,'' ''Der letzte Fußgänger,'' ''Drei Mann in einem Boot'' und ''Was ist denn bloß mit Willi los?'' In vielen seiner Filmrollen spielt er eine Art netten, aber etwas verwirrten und schüchternen Familienvater oder Onkel, der gerne Unsinn erzählt. Gleichzeitig versuchte er meist, den typischen Deutschen aus der Zeit des Wirtschaftswunders darzustellen.
Der Komiker Erhardt agierte gänzlich unpolitisch. Systematisch hielt er sich aus allen politischen Bereichen zurück. Die Politik war für ihn eine andere Welt, Versuche von Parteien, ihn politisch einzuspannen, ignorierte er. Es gab aber Journalisten, die Überlegungen dieser Art zu Papier brachten: „Wie wär`s, wenn er einmal in den Bundestag einzöge? Bestimmt wären die Wogen eines ernsthaften Streites zwischen Regierung und Opposition sofort geglättet, wenn er mit seinem ergötzlichen Kauderwelsch im Dickicht der Begriffe der hohen Politik als Friedensstifter aufträte.“
Heinz Erhardt mutete sich zwei Jahrzehnte lang ein eng-getaktetes Auftrittsprogramm zu, das zahlreiche Tourneen durch Städte, Kurorte und Seebäder der Bundesrepublik Deutschland einschloss, bei denen er wenig Rücksicht auf seine Gesundheit nahm. Auf Urlaub verzichtete er völlig. Er spielte die Hauptrollen in zahlreichen Theater-Komödien, die vielfach sehr lange auf den Spielplänen standen. Im November 1970 hatte er ein seltenes Theaterjubiläum erreicht – zum 500. Mal spielte er den Hauptakteur im Theaterstück ''Das hat man nun davon''. Die Vorstellungen waren zu 90 Prozent ausverkauft.
1970 erschien ''Das große Heinz Erhardt Buch'', ein Sammelband, von Erhardt kokett „Mein Alterswerk“ genannt. Es enthielt die witzigsten, nachdenklichsten und blödesten Beiträge aus vier zuvor erschienenen Einzelbänden. Nach seinem Auftritt in der ARD-Quizsendung Was bin ich, in der er sein Buch absichtlich immer wieder ins Bild halten konnte, weil das Rateteam ihn auch im zehnten Versuch noch nicht erraten hatte, wurde das Buch binnen weniger Wochen zum Bestseller. Erhardt ging nun deutschlandweit auf Lese-Reisen, seine Dichterlesungen wurden ein großer Erfolg. Für 1972 hatte er sich vorgenommen, nur noch Lesungen zu veranstalten und dafür von Stadt zu Stadt zu reisen. Begann die Vorstellung erst um 21 Uhr, nannte er die Veranstaltung scherzhaft „Meine Spätlese“. Im Mai 1978, ein Jahr vor seinem Tod, wurde ihm für dieses Werk in Anlehnung an die Goldene Schallplatte das ''Goldene Gedicht'' verliehen. Bis heute ist das umfangreiche Buch ein Best- und Longseller geblieben mit mehr als 3 Millionen verkauften Exemplaren. Erhardt war am Erfolg beteiligt; für seine Bücher erhielt er, im Gegensatz zu seinen Filmen und Fernsehstücken, ein prozentuales Honorar. Dadurch hatten er und sein Frau auf Dauer keine finanziellen Sorgen mehr. Selbst als er krank war, trugen die Buchhonorare den Lebensunterhalt.
Um sich die Angst vor dem Publikum zu nehmen, trug Heinz Erhardt auf der Bühne eine Hornbrille mit dickem Fensterglas, die seine Kurzsichtigkeit nicht korrigierte. Dadurch nahm er das Publikum nur verschwommen wahr und konnte damit sein Lampenfieber mildern. Außerdem war bekannt, dass Erhardt vor seinen Auftritten gerne ein Schnapsglas mit Doornkaat zu sich nahm. Zu diesem Thema schrieb und sang er seinen Filmschlager ''Immer wenn ich traurig bin''. Ein weiteres Markenzeichen Erhardts war seine von rechts nach links überkämmte Glatze. Veröffentlicht in Wikipedia